![Eine Illustration einer Frau mit Kopftuch.](https://media.wienerzeitung.at/f/216981/2500x1875/a87666ab3f/wz_podcast_header_fatima_storer.jpg/m/384x288/filters:quality(50))
Nur ein U-Ausschuss kann gewährleisten, dass das Interesse der Steuerzahler im Vordergrund steht.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das größte Finanzverbrechen der Zweiten Republik wird von einem parlamentarischen Ausschuss untersucht werden. Die meisten Abgeordneten der Regierungsfraktionen wollen selber schon längst den Weg für diese unausweichlichen Untersuchungen freimachen, weil sie ihrerseits in ihren Wahlkreisen nicht länger vorgeführt werden wollen. Hätte es diesen Abgeordneten an Einsehen gemangelt, wären sie demnächst mit Einreiseverboten in ihre Wahlkreise belegt worden.
Dass es Reformbedarf bei den Untersuchungsausschüssen gibt, halte ich zwar auch für richtig, ist aber keine weltbewegende Angelegenheit. Seit vier Jahren ist klar, dass sich der österreichische Nationalrat am Vorbild des deutschen Bundestags zu orientieren hat. Unterschrieben von den Klubchefs von SPÖ und ÖVP. Da sind im Wesentlichen die Minderheitsrechte zur Einsetzung von und zur Arbeit in Untersuchungsausschüssen geregelt. Weitere Mätzchen und Verzögerungen werden als untauglicher Fluchtversuch der Regierungsparteien entlarvt werden.
Eine parlamentarische Untersuchung der Hypo ist auch deshalb notwendig, weil ein anderer Fluchtversuch der Regierungsspitze nicht gelingen wird: Vizekanzler und Kanzler haben eine Regierungskommission "eingesetzt", die ebenfalls irgendetwas zur Beschreibung der verheerenden Versagenskette von Politik und Bankenaufsicht beitragen soll. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich schätze die Leiterin, Irmgard Griss, sehr. Aber diese Kommission ist rein informell. Es ist rechtlich zweifelhaft, ob Nationalbank, Finanzmarktaufsicht und die Stellen zur Geldwäschebekämpfung Akten herausgeben oder Aussagen tätigen dürfen. Noch kurioser: Kanzler und Vizekanzler waren bis jetzt nicht in der Lage, den genauen Auftrag zu formulieren.
Zu schlechter Letzt stellt sich heraus, dass ein Mitglied dieser Kommission so schwer befangen ist, dass es für die behauptete "unabhängige" Arbeit untragbar ist. Ernst-Wilhelm Contzen war bis Jahresbeginn Chef der Deutschen Bank Luxemburg und Aufsichtsrat einer Investmenttochter dieser Bank. Diese Investmenttochter hält mit 320 Millionen Euro den größten öffentlich bekannten Anteil an Anleihen. Von wem wohl? Bingo: von der Hypo Alpe Adria! Herr Contzen wird also in der Bewertung der entscheidenden Vorgänge der Jahre 2008 und 2009, wo ja die Regierung immer panisch insistiert, dass eine mögliche Pleite abzuwenden gewesen wäre, niemals objektiv sein können. Ein Totalausfall oder ein wahrscheinlicher Schuldenschnitt wäre immer gegen die Interessen der Deutschen Bank - wo er bis heute noch Aufsichtsrat ist - gewesen. Ohne Vorwurf an Herrn Contzen: Er ist logischerweise der natürliche Gegenspieler der Interessen der Steuerzahler. Eine Untersuchung der Vorgänge muss aber immer die Interessen der Steuerzahler zum Maßstab erheben. Das wird der Untersuchungsausschuss gewährleisten. Solange Contzen in der Regierungskommission bleibt, ist diese von Interessen der Deutschen Bank infiziert. Da kann nichts Gesundes herauskommen. Griss wurde offensichtlich falsch beraten. Contzen sollte von sich aus den Rückzug antreten und Vizekanzler Spindelegger sollte diese offenkundige Befangenheit nicht mit absurden Ausflüchten weiter verteidigen. Sonst versinkt die Regierungsspitze immer weiter im Sumpf der Unglaubwürdigkeit. Eine Wende tut also not. Auch in der Regierung.