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Parlamentspräsident Fini nicht zum Rücktritt bereit

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Koalitionskrise in Italien spitzt sich zu. | Wien/Rom. "Wenn Bossi und Berlusconi ins Quirinal (Sitz des Staatspräsidenten, Anm.) gehen würden, um meinen Rücktritt zu verlangen, wären sie Analphabeten des Verfassungsrechts", meinte der Präsident des italienischen Abgeordnetenhauses Gianfranco Fini in einem Fernsehauftritt am Dienstagabend und erteilte allen Wünschen nach einer Demission eine klare Absage. Fini bekräftigte seine Absicht, bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt zu bleiben, und wies auf die Verfassungslage hin, die keine Abwahl der Präsidenten von Abgeordnetenhaus und Senat vorsieht. "Glücklicherweise gibt es die Gewaltenteilung und das Abgeordnetenhaus ist keine Dependance des Palazzo Chigi (dort amtiert der Regierungschef)", stellte Fini fest.


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Premierminister Silvio Berlusconi und sein Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord würden sich auch bei Staatspräsident Giorgio Napolitano kalte Füße holen, mit dem Ansinnen, dass dieser Fini zum Rücktritt drängen soll. Vom Präsidenten wurde deutlich klargestellt, dass die Türen zu seinem Amtszimmer "immer für alle offen" seien, dass sich Berlusconi und Bossi aber die Anreise sparen können, wenn es um den Rücktritt Finis oder vorgezogene Neuwahlen geht.

Enge Mitarbeiter warnen Berlusconi unterdessen, die Lage entgleisen zu lassen und sich auch mit Präsident Napolitano anzulegen. Sein Staatssekretär Gianni Letta, der für sein bedächtiges Handeln und seine ausgleichende Art bekannt ist, soll Berlusconi angesichts des Wunsches, der Präsident solle Fini zum Rücktritt drängen, gefragt haben, ob er überhaupt noch wisse, was er tue.

Berlusconi, der inzwischen auch mit Neuwahlen liebäugelt, schiebt vorerst seinen Koalitionspartner Bossi vor, der auf möglichst rasche Neuwahlen drängt. Bossi habe ihm auch versichert, dass er im Fall der Krise keine andere Regierung unterstützen werde, versicherte Berlusconi seinen Parteifreunden. "Letzten Endes wird es die Lega Nord sein, die den Knopf drückt", vertraute auch Finanzminister Giulio Tremonti, der immer wieder als möglicher Chef einer Übergangsregierung ins Spiel gebracht wird, einem Freund an.