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Part-of-the-Game: Scheuch legt gegen Urteil Berufung ein

Von Kid Möchel

Politik

Für Verteidiger Böhmdorfer ist Urteil wegen "falscher Anklage" aufzuheben.


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Wien/Klagenfurt. Das schnippische Phantom-Krokodil im Drau-Revier der Familie Scheuch hat wochenlang für mediale Ablenkung gesorgt, jetzt rückt die mutmaßliche Korruptionsaffäre um den früheren Kärntner Vize-Landeshauptmann Uwe Scheuch wieder in den Vordergrund.

Vor Kurzem haben dessen Strafverteidiger, Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer und sein Kanzleipartner Rüdiger Schender, gegen die Verurteilung wegen "Geschenkannahme durch einen Amtsträger im Zusammenhang mit Amtsführung", die Scheuch sieben Monate bedingte Haft und 150.000 Geldstrafe einbrachte, eine 96 Seiten starke "Berufung wegen Nichtigkeit" eingebracht. Das Anwalts-Duo nimmt darin vor allem angebliche formalrechtliche Schwächen des 40-seitigen Urteils ins Kreuzfeuer.

So beantragen sie die Aufhebung des Urteils in dieser "Part-of-the-Game"-Affäre wegen Nichtigkeit und fordern einen Freispruch beziehungsweise eine neue Verhandlung in erster Instanz. Andernfalls wurde die Herabsetzung der Strafe angeregt, sprich die Strafe "zur Gänze bedingt nachzusehen". Zur Erinnerung: Das Oberlandesgericht (OLG) Graz hat schon das erste Urteil im Fall Scheuch aufgehoben. Der Fall musste neu aufgerollt werden.

Uwe Scheuch, der frühere erste Landeshauptmannstellvertreter und "mächtigste Kärntner Landespolitiker" nach dem Tod Jörg Haiders, hatte am 17. Juni 2009 ein fragwürdiges "Investoren-Gespräch" mit dem schillernden Kurt L., dem späteren Belastungszeugen, geführt. Kurt L. gab vor, für namentlich nicht genannte Russen Rahmenbedingungen zu erkunden, da diese in Österreich investieren wollen und zugleich Interesse an der österreichischen Staatsbürgerschaft hätten. Das Gespräch zeichnet er mit einem Diktiergerät auf. Scheuch erklärte dem "Russenberater" den "No-na-net-Teil" des politischen Spiels in Kärnten.

Das Gespräch drehte sich anfangs um ein mögliches 500.000-Euro-Sponsoring für den maroden Fußballklub Austria Kärnten.

"Ich sag da nur, Fußball sponsern, privat, ist es in Ordnung (...), i tat ma holt wünschen (...), das a bissl wos a für die positive Zukunft des BZÖ übrigbleibt", sagte der damalige FPK-Landesparteiobmann laut Tonbandabschrift. "Ich will nur eines sagen, ich will, wenn ein Investor kommt, in irgendeiner Form profitieren können für die Partei." Weiter heißt es im Transkript: "Von dem, was ich so weiß, je nachdem wo Du hin willst, zwischen fünf bis zehn Prozent."

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Amtsträger Scheuch im Zusammenhang mit seiner "parteilichen Stellungnahme" in Sachen Investments, Staatsbürgerschaft und Förderung den Vorsatz hatte, die Hand aufzuhalten.

Starker Tobak

Fakt ist auch: Scheuch hat in der Hauptverhandlung ausgesagt, dass "es grob fahrlässig wäre, als Parteiobmann da nichts zu sagen, wenn jemand 500.000 Euro für einen maroden Fußballverein gibt". "Ich würde mich da wirklich freuen, wenn der die Partei unterstützen würde", erklärte Scheuch der Richterin.

"Politisch ist diese Aussage makaber und belastend, aber rechtlich ist sie ein Nullum", sagt Böhmdorfer zur "Wiener Zeitung". "Die bloße Unterstützung einer Staatsbürgerschaft ist im zweiten Rechtsgang gar nicht mehr Gegenstand gewesen, sondern nur noch eine angebliche Förderungsunterstützung. Für diesen Sachverhalt, für den er auch verurteilt wurde, liegt keine Anklage vor." Nachsatz: "Die Staatsanwaltschaft hätte die Anklage bereits im ersten Verfahren auf diesen Tatbestand ausdehnen müssen, das hat sie nicht getan."

Laut Böhmdorfer haben die Ankläger dem bestehenden Tatbestand "nur einen anderen Sinn gegeben, das sei aber zu wenig".

Vorwurf: Begründungsfehler

Außerdem habe das Gericht "nicht einmal festgestellt, dass Scheuch mit einem konkreten Förderantrag rechnen konnte; auch seien die Investitionen so unbestimmt beschrieben worden, dass sie keine konkreten Formen angenommen haben. "Geradezu klassische Begründungsfehler unterlaufen dem Gericht in Bezug auf die konstatierte Koppelung zwischen Forderung einer Parteispenden und der parteilichen Stellungnahme und Stimmabgabe Scheuchs", wird in Berufung behauptet. "Dass das Junktim offensichtlich sei, weil schon die Verwendung des Wortes Rahmenbedingen durch Scheuch und Kurt L. darauf hinweisen, ist eine substratlose Scheinbegründung."

Denn die Behauptung des Gerichtes, heißt es weiter, Scheuch habe die "Rahmenbedingungen detailliert erläutert, übergeht praktisch, dass alle Details unbeantwortet blieben, die der Zeuge Kurt L. zur Erreichung seines Gesprächsziels wissen wollte, nämlich Informationen über die vollständige Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Zusammenhang mit Investitionen.

Zugleich hegt Böhmdorfer große Zweifel an der Existenz der ominösen Russen, die nach Österreich kommen wollten.

"Nicht einmal Herr L. hat sie gekannt, nur angeblich sein Geschäftspartner, aber der durfte nicht hinterfragt werden", behauptet Böhmdorfer. "Ohne Hakenschlag kann man dieses Urteil nicht aufrecht halten." Nachsatz: "Schließt man die Augen davor, dass es sich um eine hochbrisante politische Causa handelt, und geht man vom Boden des Rechts aus, müsste Scheuch sehr optimistisch sein."