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Schul-Autonomie ist eine Flugstunde entfernt. Das Bildungssystem braucht eine autonome Schulleitung und eine bessere Durchmischung.
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Mein dringlicher Wunsch: Die Kinder sollen in unseren Schulen im Mittelpunkt stehen. Die Talente - unser wichtigster Rohstoff - sollen die volle Aufmerksamkeit bekommen, nicht die Parteibücher. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn die Schulverwaltung ist schwer von vorgestern. Leider betrachten ÖVP und SPÖ Schule und Schulpolitik vor allem als ihre machtpolitische Einflusssphäre.
Wer in Wien Direktor werden will, muss beim Bund Sozialistischer Akademiker salutieren, sonst wird das nichts. Detto in Niederösterreich. Auch dort interessieren bei der Bestellung von Schulleitungen weniger die Qualifikation und das Engagement als vielmehr die Frage, ob er oder sie ÖAAB-Mitglied ist. Die Versorgungsmentalität regiert besonders unappetitlich auch in Oberösterreich: Selbst noch die proporzmäßig durchgeschaltete Landesschulrats-Vizepräsidentin bekommt 8100 Euro, 14 Mal im Jahr. Missstände, zu denen selbst schwarze Landeshauptleute den Kopf schütteln: Diese Ämter brauche niemand. Im Übrigen seien "die Gehaltshöhen eine Frechheit", meint Markus Wallner aus Vorarlberg. Ich hoffe, er richtet es auch seinem oberösterreichischen Landeshauptmann-Kollegen Josef Pühringer direkt aus. Und seinem Kollegen Franz Voves in der Steiermark (6300 Euro 14 Mal im Jahr).
Unser dringlicher Vorschlag: Geben wir den Schulen Autonomie - pädagogisch, finanziell, personell. "Das ist ja eine Utopie, Herr Strolz", meinte Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek vor einem Jahr bei unserer ersten Diskussion zu diesem Thema. "Nein, Frau Ministerin, das ist eine Flugstunde entfernt", war meine Antwort. Und im Jänner 2015 werden wir nun endlich gemeinsam mit der Ministerin und allen sechs Parlamentsfraktionen in die Niederlande reisen, um das Modell autonomer Schulen zu studieren. Unsere Losung lautet: freie Schulwahl ohne Schulgeld. Durch eine staatliche Pro-Kopf-Finanzierung folgt das Geld den Schülern (analog zu den Fachhochschulen). Flankiert wird sie mit einer indexbasierten Standortfinanzierung, die auf soziale Durchmischung abzielt. Das bringt Chancengerechtigkeit für die Kinder und auch für freie Schulen, die heute für ihre guten Leistungen von der öffentlichen Hand "bestraft" werden. Die Politik soll den Handlungsrahmen schaffen, indem sie klare Ziele formuliert (u.a. Mittlere Reife mit 15) und für die Umsetzung dann Gestaltungsfreiheit gewährt. Die Schule als lebende Organisation braucht dabei kompetente Führung. Hier müssen wir die Funktion der Schulleitung als echte Führungsaufgabe definieren und ausbilden. Zudem wird die veraltete Schulverwaltung ersetzt durch Bildungsregionen, die mit einem Bildungsservice in der Schulentwicklung und im Management begleiten. Ein übergeordnetes Monitoring sichert so die Qualität. Das System Schule erweist sich im Vergleich mit anderen gesellschaftlichen Teilsystemen in den letzten Jahrzehnten als zu starr. Es braucht also die Lernbereitschaft und den Mut aller, Veränderungen anzudenken und Entwicklungen voranzubringen. Autonomie dynamisiert die konstruktiven Kräfte im System und schafft Innovation. Und das leuchtet uns den Weg zu mehr Chancengerechtigkeit und zu blühenden Talenten.