Zum Hauptinhalt springen

Parteichef Ján Slota: Die Zähmung eines Rebellen

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Europaarchiv

Mit dem Zuschlag für den Up!, der bei VW Slovakia ab 2011 gefertigt wird, haben die Slowaken einen höchst bedeutsamen Coup in der Krise gelandet. Der VW-Konzern entschied sich auch deshalb fürs Nachbarland, weil es politisch stabil sei. Das lässt aufhorchen in diesen Tagen. Schließlich wurde Mirek Topolánek in Prag gestürzt und Ferenc Gyurcsány in Budapest durch Gordon Bajnai abgelöst. Robert Fico hingegen hält sich offenbar unangefochten im Sattel. Das ist auch bemerkenswert, weil Fico seit seinem Amtsantritt im August 2006 genau so viele Minister ausgetauscht hat wie sein Vorgänger Mikulás Dzurinda, dem er nur zu gern einen chaotischen Regierungsstil vorwarf.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Unter Dzurinda gab es neun Personalwechsel, Fico hat am Mittwoch vor einer Woche mit der Ernennung von Umweltminister Viliam Turský den neunten Personalwechsel in seinem Kabinett vollzogen. Turskýs Vorgänger Ján Chrbet musste gehen, weil er einen umstrittenen Vertrag über den Verkauf von CO2-Emissionsquoten nicht publizierte. Weitere Personalwechsel sind zu erwarten, weil Fico Ministerien auflösen oder bündeln will, um zu sparen. Dabei stehen dem Vernehmen nach Bau- und Kulturministerium ganz oben auf der Abschussliste.

Anders als Dzurinda, dem bei fast jedem Ministerwechsel ein umgehendes politisches Aus prophezeit wurde, wirkte Fico bisher niemals angeschlagen. Vielmehr bleibt er der vertrauenswürdigste Politiker im Lande, auch wenn vor kurzem bekannt wurde, dass er Statistiken zurückhalten ließ, wonach er an Popularität verloren habe.

Angeschlagen von den Personalwechseln ist ein ganz anderer: Ján Slota, Vorsitzender der Slowakischen Nationalpartei (SNS), international in Misskredit geraten wegen seiner Verbalattacken gegen alles Ungarische. "Slota gehen die Minister aus", witzelte die Tageszeitung "Hospodárske noviny" vor kurzem unter Anspielung darauf, dass mit Ján Chrbet einmal mehr ein von der SNS gestellter Minister gehen musste.

Fico übt Druck aus

Bevor überhaupt ein Nachfolger Chrbets nominiert worden war, sah sich ein möglicher künftiger Amtsinhaber schon mit Ficos Drohung konfrontiert, sofort entlassen zu werden, wenn er den Vertrag nicht veröffentlicht, der Chrbet zum Verhängnis wurde. Turský hat den Kontrakt publiziert. Die Verwirrung ist inzwischen aber eher noch größer, weil entscheidende Stellen etwa zu Preisangaben offenbar noch auf Chrbets Geheiß hin geweißt wurden. Das Ansehen der Slota-Partei ist inzwischen wegen dieser Affären stark beschädigt; Umfragen zufolge gehen ihre Popularitätswerte derzeit im Sturzflug in den Keller.

Fico scheint damit gelungen, was er parteiintern bei Bildung der umstrittenen Regierungskoalition seiner Smer-SD mit der SNS und der Meciarpartei L´S-HZDS vorgab: Aufsaugen des Meciar-Wählerpotenzials und "Zähmung der Slota-Truppe". Immerhin ist die Meciar-Partei seit einem Koalitionskrach im Dezember 2007 von der politischen Bildfläche fast verschwunden, die SNS steht spätestens seit dem jüngsten Debakel im Umweltministerium als höchst korruptionsanfällige Truppe da, zumal derzeit auch noch der von ihr gestellte Bildungsminister und Vizepremier Ján Mikolaj wegen fragwürdiger Auftragsvergaben im Schussfeuer der Kritik steht. Allein Fico und seine Leute können in der Öffentlichkeit noch auf eine relativ weiße Weste verweisen, womit ihnen wohl für die Europawahlen wie für die Nationalratswahlen 2010 ein großer Vorsprung vor allen anderen sicher ist.