Zum Hauptinhalt springen

Parteien beschreiten familienfreundliche Wege

Von Alexandra Grass

Politik

SPÖ, ÖVP und FPÖ zeigen sich derzeit von ihrer familienfreundlichen Seite: Bundeskanzler Viktor Klima präsentierte am Donnerstag ein Konzept für ein familien- und kinderfreundliches Österreich, | Vizekanzler Wolfgang Schüssel legte das Familienbuch der Volkspartei vor und der neuerdings wieder vom Kanzler-Wunsch geprägte FPÖ-Obmann Jörg Haider sieht mit freudiger Erwartung dem Auftrag zur | Regierungsbildung entgegen, um den Kinderscheck · und, wie er in einer Pressekonferenz meinte, vielleicht auch das Baby-Wahlrecht? · einführen zu können.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Parteien jeglicher Couleur widmen sich also der Familienpolitik. Haider will den von ihm geforderten Kinderscheck in Höhe von 5.700 Schilling als "Antwort auf den Murks" der Regierung verstanden

wissen und forderte weiters ein "Kinderschutzprogramm", wobei die Freiheitlichen "das Opfer im Auge haben und nicht den Täter". Es dürfe nicht möglich sein, dass sich Täter, die Kinder sexuell

belästigt haben und dabei einen Strafrahmen unter fünf Jahre erhielten, durch den Außergerichtlichen Tatausgleich (ATA) mit Geld freikaufen könnten, kreidete der FP-Chef der Justiz an.

Kennt Haider die Gesetze?

Der Pressesprecher des Justizministeriums, Gerhard Litzka, warf Haider Fehlinformation vor und verwies auf das Diversionsgesetz · "das wichtigste Opferhilfegesetz der Zweiten Republik" ·, das ein

Freikaufen vor allem beim sexuellen Missbrauch Unmündiger gar nicht ermöglichen könne.

Weiters widmete sich Haider dem Problem der fehlenden Kinderbetreuungsplätze · insgesamt würden 140.000 fehlen · und sprach in diesem Zusammenhang von einem "großen Sündenfall von Klima&Co", ohne zu

erwähnen, dass Kärnten in Sachen Kinderbetreuung österreichweit an drittletzter Stelle rangiert (siehe Grafik). Der Kinderscheck könnte laut Haider letzteres Problem lösen. Die Finanzierung solle

durch Überschüsse des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) in Höhe von sechs bis acht Mrd. Schilling, die im Jahr 2000 entstehen, erfolgen.

Laut Finanzministerium würde diese Variante ein drittes Sparpaket zur Folge haben, denn die notwendigen Mittel für den Kinderscheck könnten weder über ein höheres Budgetdefizit noch über höhere

Staatsschulden abgedeckt werden.

Auch der FPÖ-Obmann zeigte sich Donnerstag zu einem Scherz aufgelegt: "Ich bin sehr dafür, das Baby-Wahlrecht einzuführen, denn je jünger die Kinder, umso größer sind sie Fans der FPÖ". Wann denn

seine offizielle Forderung nach einem Baby-Wahlrecht kommen werde? · Haider: "Das mache ich dann als Bundeskanzler".

Kinder waren auch bei der gestrigen Pressekonferenz anwesend: Die Drei- bis Sechsjährigen agierten eine gute dreiviertel Stunde als stehende Statisten für Haiders Taferlmanie, was ihm sofort Kritik

seitens der SPÖ-Frauensekretärin Andrea Kuntzl einbrachte. "Es ist geradezu obszön, dass Haider nicht im mindesten davor zurückschreckt, auf der einen Seite von Kinderschutz zu sprechen und

andererseits Kinder für seine Presseinszenierungen zu missbrauchen".

Die Grünen wandten sich indessen entschieden gegen den Kinderscheck und ein Karenzgeld für alle. Das auch vom LiF geforderte einkommensabhängige Karenzgeld halten sie für "diskussionswürdig".

Klima: Richtung stimmt

Scharfe Kritik erntete Haider von SPÖ und ÖVP. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas bezeichnete den von Haider favorisierten Kinderscheck als Seifenblase. ÖVP-Generalsekretärin Maria Kallat

warf dem FP-Chef den Missbrauch der Familienpolitik als Wahlkampfthema vor.

Klima hat am Donnerstag erneut gefordert, dass jedes Kind in Österreich das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz haben muss. Bei der Eröffnung der Kinderbetreuungseinrichtung "Kinderlandeplatz" im

nö. Enzersdorf an der Fischa verlangte er ein Bundesrahmengesetz zur Kinderbetreuung, um bestmögliche Qualität zu garantieren.

Der Bundeskanzler hob hervor, dass der Kurs in der Familienpolitik der Richtige sei. Dies zeige sich auch darin, dass die neue Familienförderung 6.000 Schilling mehr pro Jahr und Kind bringe. Weiters

seien durch die erste Kindergartenmilliarde des Bundes 19.000 neue Betreuungsplätze für Kinder geschaffen worden.

Auch die Gewalt an Kindern gelte es zu bekämpfen. Im Mittelpunkt stünden dabei Aufklärung, Schutz und Hilfe für die Opfer sowie Prävention.

Schüssels Familienbuch

ÖVP-Chef Schüssel will Österreich zum "familienfreundlichsten Land der Welt" machen. Ein Schritt dazu sei das Karenzgeld für alle. Dies erklärte er bei der Präsentation des ÖVP-Familienbuchs, das

als "familienpolitischer Wegweiser für das 21. Jahrhundert" gelte. Im Foyer des Cirque du Soleil im Wiener Prater stellten Schüssel und Minister Bartenstein dem "linken Weg" der SPÖ den "besseren

Weg" der ÖVP entgegen.