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Parteien streiten um Integration

Von Judith Lecher

Wirtschaft

Auf die 1,206.000 Buben und Mädchen, für die in diesen Wochen das neue Schuljahr beginnt, wird das Schulpaket zwar noch keine Auswirkungen haben. Sollten VP und SP jedoch die Verhandlungen bis Ende September abschließen, könnte es bereits im nächsten Herbst in Kraft treten. Die "Wiener Zeitung" befragte VP-Bildungssprecher Werner Amon und SP-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser über den Stand der Verhandlungen, bei denen die Integration der einzige Punkt zu sein scheint, an dem sie noch scheitern könnten.


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Bis Ende September sollen die Parteienverhandlungen über das Schulpaket, für das die Zwei-Drittel-Mehrheit und somit die Zustimmung der SPÖ notwendig ist, abgeschlossen sein. Trotz diverser Differenzen zeigen sich beide Parteien optimistisch, dass man noch eine Lösung finden wird.

Einen Konsens gebe es etwa über die Einführung des Faches "Informations- und Kommunikationstechnologie" in der ersten Klasse AHS und Hauptschule. Diesem neuen Fach könnte eine Deutsch-Stunde zum Opfer fallen, was im Vorfeld bereits für Empörung gesorgt hat. Amon versucht hier zu kalmieren, im Gesetzesentwurf sei nichts Derartiges

fixiert und es stehe den Schulen frei, welche Stunde sie dafür nutzen wollen. In dem neuen Gegenstand sollen die Schüler jedoch nicht nur auf ein gemeinsames Mindestlevel an PC-Kenntnissen gebracht werden, sondern auch sogenannte "Soft-skills" wie etwa Konfliktlösungspotenzial und Fähigkeiten zu Teamarbeit erwerben. Und hierfür würden sich die Deutsch-Lehrer eben mehr anbieten als die Informatik-Lehrer, so Amon. Einen Kostenanstieg durch die Einführung des neuen Gegenstands wird nicht erwartet, die Weiterbildungskosten der Lehrer seien "vernachlässigbar".

Einigkeit bei Latein und Oberstufenreform

Ein Kompromiss zeichnet sich auch bei der Oberstufenreform ab. Dieser Teil der Reform soll den Schulen Schwerpunktsetzungen ermöglichen, ohne einen Schulversuch einzureichen. Außerdem sollen Schüler zehn bis 15 Prozent ihres Stundenkontingents über Wahlfächer aussuchen können. Durch diese Maßnahme sollen einerseits Schulversuche dieser Art, die an 80 Prozent aller AHS angeboten werden, obsolet werden. Man will damit aber auch dem Problem der Abwanderung von Schülern aus den AHS in Berufsbildende Höhere Schulen Herr werden. Ob die Schulen tatsächlich autonome Schwerpunkte setzen, bleibe ihnen aber laut Bildungsministerin Elisabeth Gehrer freigestellt.

Latein soll nach Vorstellung der ÖVP am Gymnasium von der fünften bis zur achten Klasse zwar Pflichtfach bleiben, davor sollen die Schüler aber die Möglichkeit haben als Alternative eine lebende Fremdsprache zu erlernen. Dadurch wolle man bürokratisch aufwendige Schulversuche, die bereits an zwei Dritteln aller Gymnasien durchgeführt werden, ins Regelschulwesen überführen, so Amon. Niederwieser hätte sich zwar eine generelle Alternativrolle für Latein gewünscht, sieht aber auch hier "nicht wirklich einen Streitpunkt".

Scheitert Paket an Behindertenintegration?

Ein wahres Problem stelle für ihn hingegen die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Polytechnischen Schulen dar. Dadurch solle diesen laut ÖVP die Möglichkeit gegeben werden, die Pflichtschule abzuschließen und sich dann durch Modelle der Anlehre weiterzubilden. Ein Vorstoß der ÖVP war im Vorjahr bereits am Widerstand der SPÖ gescheitert, die auch andere Schultypen erfasst haben wollte. "Ich halte aber nichts davon, dass geistig behinderte Kinder als Sozialtrophäe bis zur Matura gebracht werden", kritisiert Amon. Laut Niederwieser sei von einer Matura nie die Rede gewesen. Er ist indessen überzeugt, dass es auch an berufsbildenden mittleren oder technischen Schulen die Möglichkeit der Behindertenintegration gebe. "Gerade jene Schulen haben noch Aufnahmekapazitäten, es ließe sich dort Integration sehr wohl machen."

Die Frage, ob die SPÖ wegen der Behindertenintegration das ganze Paket kippen würde, beantwortet Niederwieser ausweichend: "Noch bin ich optimistisch. Man sollte noch Experten hinzuziehen."