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Parteienfinanzierung - ein sonderbares Privileg

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare
Clemens M. Hutter war Chef des Auslandsressorts bei den "Salzburger Nachrichten".

Österreichs Wähler bezahlen die Werbung der Parteien um ihre Stimmen selbst.


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In Wahlkämpfen pflegen sich politische Parteien auch kindlich bis kindisch zu präsentieren. Sie werben um Stimmen mit billigen "Geschenken", die niemand wirklich braucht: Kugelschreiber, ein Feuerzeug oder Kekse in Herzform. Derlei hängt dann auch in "Partei"-Sackerln an der Haustüre. Ein sonderbares "Vergissmeinnicht".

Es geht allerdings auch anspruchsvoller mit Plakatschwemmen. Da schaut einen das übergroße Porträt eines Politikers an, der mit Fahnenwörtern statt Fakten der Welt verkündet, was er dem Volk bietet: Anpacken, Tatkraft, Lösungen, Fairness, Feingefühl oder Stabilität. Zuweilen reicht es sogar für No-na-Sätzchen wie "Bezahlbare Mieten statt hoher Mieten", "Mehr für uns alle" oder "Weg mit dem Filz". Gestehen also die Parteien, alle diese Themen jahrelang vernachlässigt, jetzt aber als dringend entdeckt zu haben?

2014 steckten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP 22 Millionen Euro in die Werbung. Das kritisierte der damalige FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl als "Selbstbeweihräucherung". Heute sitzt Kickl als Minister in der Regierung, die im Vorjahr 44,8 Millionen Euro für Werbung ausgegeben hat. Kickl stört diese "Selbstbeweihräucherung" nicht.

Wahlwerbung ist "Propaganda" und verschweigt beharrlich, was alle diese Segnungen kosten sollen - etwa das "Mehr für uns alle". Das schaffte bisher nur das Christkind. Im Jahr 2001 beschloss das Parlament einstimmig die Parteienförderung aus dem Budget, das die Steuerzahler finanzieren. Die Parteien legten ihre Förderung mit 3,1 Millionen Euro fest und steigerten sie bis 2018 auf 158 Millionen Euro oder mehr als 200 Millionen, wenn man die Förderung der Parteiakademien und der Klubs hinzuzählt.

So weit so ungut, denn die Parteien entschieden in eigener Sache. Noch bedenklicher: Der Rechnungshof kann weder die Finanzen der Parteien prüfen noch verdeckte Sachspenden kontrollieren. Und die Parteien müssen weder Vermögen noch Schulden veröffentlichen. Diese Privilegien sprachen sich die Parteien im Parlament zu, sie sind also rechtens, einerlei, was der Steuerzahler davon hält. Österreich - eine Bananenrepublik?

Millionen Staatsbürger müssen sehen, wie sie Ausgaben aus dem Einkommen hinkriegen, weil sie keinen Zugriff auf den Steuersäckel haben. Und weil die Wohnungsmieten geradezu dramatisch steigen, plakatiert eine Partei "bezahlbare Mieten statt hohe Renditen". Das hieße, dass das Parlament die Mieten festlegt. Diese Anmaßung würde aber den Wohnungsbau drosseln und die Wohnungsnot verschärfen.

Wann besinnen sich die Parteien darauf, durch Leistung neue Mitglieder zu gewinnen, die eine finanziell stabile Basis schaffen? "Geht ned gibt’s ned", plakatierte jüngst eine Partei. Aha, wer das nicht ausprobiert, erfährt nicht, ob’s geht. Die Förderung der Parteien aus dem Steuertopf ist halt weit bequemer. So trieben die Parteien ihre Förderung binnen 17 Jahren von 3,1 auf 158 Millionen Euro. Damit stieg Österreich in den Kreis der teuersten Demokratien mit Israel, Italien und Japan auf.

Clemens M. Hutter war Chef des Auslands-
ressorts bei den "Salz-burger Nachrichten".