Zum Hauptinhalt springen

Parteienfinanzierung oder Informationsauftrag?

Von Christian Rösner

Politik

BZÖ kritisiert Parteienfinanzierung durch die Ministerien.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Die Regierungsparteien geben Millionen an Steuergeldern für ihre Vorfeldorganisationen aus", empörte sich BZÖ-Rechnungshofsprecher Gerald Grosz am Dienstag. Allein der Bauernbund sei zwischen 2006 und 2011 mit 2,1 Millionen Euro aus den Steuermitteln des Landwirtschaftsministeriums direkt subventioniert worden, so Grosz, der sich auf eine aktuelle parlamentarische Anfragebeantwortung von an ÖVP-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich bezog.

Konkret erhielt der ÖVP-Bund seit Beginn der großen Koalition 1,51 Millionen Euro Förderung für "Informations- und Öffentlichkeitsarbeit". Zusätzlich wurde die "Österreichische Bauernzeitung" - als dessen Herausgeber der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Jakob Auer fungiert - im gleichen Zeitraum mit mehr als 575.000 Euro für Inserate bedacht. Und das, obwohl die Telekom ohnedies den Bauernbund und seine Veranstaltungen großzügig subventioniert habe. Die Ministerien würden als Geldautomaten für die abgehalfterten Funktionäre der Vorfeldorganisationen von SPÖ und ÖVP missbraucht, kritisierte Grosz. Alleine die Junge ÖVP und die Sozialistische Jugend hätten jedes Jahr mehr als 800.000 Euro bekommen.

Als weiteres Beispiel nannte Grosz das Sozialministerium, das laut einer weiteren Anfragebeantwortung fast 9 Millionen Euro an parteinahe Organisationen "geschaufelt" habe. Den Löwenanteil konnten demnach rote und schwarze Seniorenorganisationen unter dem Titel "allgemeine Seniorenförderung" lukrieren. Allein im Jahr 2010 seien knapp 1,9 Millionen ausgeschüttet worden. Konkret gingen 903.361,73 Euro an den SPÖ-nahen Pensionistenverband und 783.628,34 Euro an den Seniorenbund der ÖVP.

Als weitere "Begünstigte" sind das Hilfswerk (100.000 Euro) der Bund der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer und die ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten (je 40.000 Euro) gelistet. Zeitschriften von parteinahen Vereinen konnten sich laut Grosz 2010 über rund 44.600 Euro aus dem Sozialministerium für Öffentlichkeitsarbeit freuen. Ausgewiesen wurden auch 7000 Euro für einen jährlichen Nikolauszug. "Es ist sicher nicht Kernkompetenz des Sozialministeriums, Nikolauszüge zu finanzieren - da sieht man, wie ungeprüft hier Steuergelder ausbezahlt werden", so Grosz.

"Zum Wohle aller"

Beim Bauernbund versteht man die Aufregung nicht: "Wir sind eine staatstragende Organisation, die sich für die Zukunft der Bauern und des ländlichen Raumes einsetzt und in diesem Sinne auch Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Dass die Landwirtschaft in Österreich eine Zukunft hat, kommt uns allen zugute", erklärte Bauernbund-Direktor Johannes Abentung. Der Bund stelle sicher, dass in Österreich weiterhin bäuerlich produziert werden könne und nicht industriell. Dafür sei auch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit nötig.

Was die Inserate des Landwirtschaftsministeriums betrifft, die fast ausschließlich in der Bauernzeitung geschalten wurden, so würden diese lediglich die realen Größenordnungen der politischen Gewichtung widerspiegeln, hieß es. Auch im Ministerbüro verwies man auf den öffentlichen Informationsauftrag, der zielgruppenspezifisch in der "Bauernzeitung" umgesetzt werde "und nicht etwa über Motorradmagazine".

"Nur ein Puzzlestein"

Mit dem ab heuer gültigen Medientransparenzgesetz müssen derartige Geldflüsse ohnehin offengelegt werden. "Konkrete Projektfinanzierungen fallen da aber nicht hinein", erklärte allerdings der Politologe Hubert Sickinger. "Somit handelt es sich bei dem neuen Gesetz nur um einen Puzzlestein in einem großen Ganzen, um die gewünschte Transparenz herzustellen."

Bisher seien die Regierungsparteien sehr zurückhaltend mit der Veröffentlichung ihrer politisch motivierten Vergaben gewesen, meinte Sickinger. Und wo auf Bundesebene noch auf Nachfrage geantwortet wurde, hätten die Länder oft weniger kooperativ reagiert. Als Beispiele nannte Sickinger etwa Kärnten - oder Wien, wo man im Bereich der Medienschaltungen aufgrund des "hohen Aufwands" oft eine Auskunft schuldig geblieben sei. An der Praxis der Inseratenvergabe werde sich laut Sickinger vermutlich nichts ändern - sie wird nur nachvollziehbarer.