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Österreichs Parteienlandschaft ähnle begradigten Abschnitten des Rhein-Main-Donau-Kanals, wird oft beklagt: grau und fad. Nun, das stimmt nicht. In Österreich sind 800 politische Parteien registriert. Was den meisten freilich fehlt, ist der politische Erfolg, den die "Piraten" in Deutschland derzeit haben. Möglicherweise liegt das daran, dass diese Parteien genauso agieren wie die etablierten: grau und fad.

Um sich Gehör zu verschaffen im Konzert der gewichtigen Ideen, wären angesichts der Fülle an Problemen Mut und Humor angebracht.
In Island brachte die von Pleitebanken ausgelöste Krise das Establishment ins Trudeln, eine neue Gruppierung namens "Beste Partei" trat an - mit fulminantem Erfolg. Sie bezeichnete sich als "offen korrupt", weil es die anderen heimlich waren. Zu ihren Forderungen zählten Gratis-Handtücher in öffentlichen Bädern oder ein Eisbär für den Zoo. Der Parteigründer ist jetzt angesehener Bürgermeister von Reykjavik . . .
Aus diesem Blickwinkel betrachtet wären neue Parteien furchtbar, die von Frank Stronach, der Industriellenvereinigung (oder beiden) gegründet und finanziert würden: Die spaßfreie Zone würde bloß ausgeweitet.
Viele Regierungspolitiker versuchten die Krise mit starken Sprüchen zu überstrahlen. So sollte die Erkenntnis verhindert werden, dass sie keine Antwort wussten. Nun lösen Nonsens-Forderungen keine Krise, weniger hilfreich sind sie aber auch nicht. Die politischen Antworten von Heinz-Christian Strache auf viele gesellschaftliche Fragen beispielsweise sind Nonsens - allerdings ohne dazugehörigen Witz.
Ob also eine neue, gesellschaftspolitisch liberale, Partei reüssieren könnte, sei dahingestellt. Das LIF unter Heide Schmidt schaffte es nicht. Im Gegensatz zu damals ist heute aber der Frust der Wähler deutlich größer. Viele Junge reagieren darauf kompromisslos: Sie wählen in hohem Maße Politiker, die ähnlich jung und chaotisch daherkommen. Während noch die Elterngeneration stabile Jobs und stabile Systeme vorfand, gibt es derartige Sicherheiten heute nicht mehr.
Junge Wähler erwarten sich daher auch keine Politik, die auf alles eine Antwort hat, sondern Mut und Verständnis. Denn eines wissen die Jungen besser als ihre Eltern und Großeltern: Politiker, die im 21. Jahrhundert sofort Lösungen anbieten, sind zwar komisch - aber unfreiwillig. Und das ist das Gegenteil von Humor . . .