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Parteifeinde: Die konfliktreiche Geschichte des Wiener BZÖ

Von WZ Online

Politik

Wien. Betrachtet man die Geschichte des Wiener BZÖ, erscheinen die Konflikte der Kärntner Parteikollegen wie ein Sturm im Wasserglas: So ist die kurze Geschichte der Partei gekennzeichnet von Absetzungen, Chefwechseln und dem Streit um Parteistatuten und legitime Vertretungsansprüche.


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2005 hatte sich im Zuge der bundesweiten Spaltung des Dritten Lagers auch in Wien der FPÖ-Klub geteilt. Acht der 21 Abgeordneten gründeten unter dem Titel "Bündnis Zukunft Wien - Die Stadtpartei" eine eigene Fraktion unter Führung des einstigen Zeitsoldaten Günther Barnet. Der Gründungsparteitag im gleichen Jahr wählte Barnet auch zum Vorsitzenden - und beschloss die Umbenennung in BZÖ-Wien. "Wir wollen nicht das Deutschlandlied in irgendwelchen Kellern singen, sondern die Reblaus beim gemütlichen Heurigen", begründete Barnet damals die Trennung von den Freiheitlichen. Ebenfalls 2005 beschloss Hans-Jörg Schimanek, Floridsdorfer Bezirksrat, seinen Wechsel zum Bündnis.

Als die Frage des Spitzenkandidaten für die im Oktober 2005 anstehende Wien-Wahl virulent wurde, zielte Barnet zunächst auf Peter Westenthaler ab: "Ich mag ihn, ich mag ihn wirklich gern, deswegen freut es mich, wenn er es ist." Aus der Kandidatur wurde jedoch nichts, und so stieg der von Parteichef Barnet als "Wahlkampflokomotive" präsentierte einstige ORF-Journalist Schimanek für die Orangen in den Ring. Anstatt der von Barnet ausgegebenen sieben Prozent überzeugte er 1,15 Prozent der Wiener und landete damit hinter der KPÖ.

Knapp zwei Jahre gingen mehr oder minder ruhig ins Land, bis im Mai 2007 für Außenstehende überraschend Barnet von Bundesobmann Westenthaler als Parteichef abgesetzt und als Parteimitglied ausgeschlossen wurde - wegen "mehrfach parteischädigendes Verhaltens". Westenthaler inthronisierte interimistisch Helene Partik-Pable. Nach kurzem Aufbäumen akzeptierte Barnet seine Absetzung und durfte dafür Parteimitglied bleiben. Nun übernahm Herbert Scheibner vorübergehend die Leitung der Hauptstadt-Orangen.

Im Juni 2007 kam es dann zu einem Parteitag, auf dem sich Michael Tscharnutter, Geschäftsführer des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds und einstiger FP-Klubdirektor im Rathaus, mit 74,2 Prozent gegen den Rechtsanwalt Alexander Scheer durchsetzte. Dieser hatte als Favorit der Landesgruppe gegolten, wohingegen Tscharnutter von der Bundespartei unterstützt wurde. Tscharnutter kündigte an, mit dem Herzen eines Löwen und dem Fleiß einer Biene das Wiener BZÖ zur zweitstärksten Landesgruppe nach den Kärntnern zu machen: "Wenn ich in der Früh aufstehe, bin ich das BZÖ."

Für den glücklosen Spitzenkandidaten galt das in Tscharnutters Augen hingegen nicht. Er ließ den einzig verbliebenen Mandatar des Wiener Bündnisses aus der Partei ausschließen - für Schimanek ein illegaler Beschluss, der von einer Minderheit der Vorstandsmitglieder als Privatveranstaltung getroffen worden sei. Der legitime Vorstand seien er und seine Mitstreiter. Im August 2008 nahm Parteichef Jörg Haider die Maßnahme - getroffen oder nicht - wieder zurück. "Hans-Jörg Schimanek ist ein alter Freund. Da sollte man nicht wegen Lächerlichkeiten auseinandergehen. Ich habe daher entschieden, dass er wieder in die Partei kommt", erklärte er damals.

Die nächsten Konflikte brachen auf, als zwei verschiedene Gruppen, die jeweils den Titel als legitimer Landesvorstand beanspruchten, zwei verschiedene Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl 2008 aufstellten. Die Gruppe um Tscharnutter wollte Peter Westenthaler ins Rennen schicken. Eine Gruppe um Ex-Landeschef Barnet und Ex-Vize Dietmar Schwingenschrot erklärte stattdessen Herbert Scheibner zum Spitzenkandidaten. Nach zwei Wochen zog Barnet aber wieder zurück.

Das Jahr 2009 brachte den Austritt von Schwingenschrot und einiger Mitstreiter aus der Partei mit sich. Alle sahen sich als "legitim gewählter Vorstand". Gestern, Donnerstag, verkündete auch Schimanek - in den Augen von Parteichef Tscharnutter schon seit 2008 aus der Partei ausgeschlossen - er und der "legitime Vorstand" hätten nun einstimmig beschlossen, dem BZÖ Adieu zu sagen und auszutreten.

Die Spitzenkandidatenfrage für die Wien-Wahl im Oktober ist noch offen. Im Vorjahr hatte für kurze Zeit das Gerücht für Aufregung gesorgt, BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner werde die Rolle übernehmen. Petzner hatte nicht ausgeschlossen, beim kommunalen Urnengang als Listenerster anzutreten: "Es wäre sicher eine spannende Erfahrung."