Politologe Peter Filzmaier für Enquete zu Parteiengesetz und Wahlordnung.
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Wien. Frank gibt’s, Frank nimmt’s. Der - je nach Lesart - gott- oder oligarchengleiche Umgang Frank Stronachs mit der von ihm gegründeten Partei hat viel Kritik hervorgerufen und vor allem die Frage in den Raum gestellt, ob es nicht zu einfach ist, eine Partei zu gründen oder zu Nationalratswahlen anzutreten. Zwar spricht sich der Politologe Peter Filzmaier generell gegen eine "Hüftschuss"-artige Gesetzesänderung aus. Er hält es aber für sinnvoll, darüber nachzudenken - zum Beispiel in einer parlamentarischen Enquete.
Worum geht es? Zunächst einmal ist in Österreich Partei nicht gleich Partei - es wird zwischen wahlwerbender Gruppierung, politischer Partei und Parlamentsklub unterschieden, wobei vor allem die ersten beiden in der aktuellen Debatte eine Rolle spielen. Eine politische Partei ist ähnlich wie ein Verein organisiert, im Parteiengesetz finden sich minimale Kriterien für ihre Gründung. Es muss lediglich eine Satzung beschlossen werden, die beim Innenministerium hinterlegt und auf der Website der Partei veröffentlicht wird. Diese enthält Informationen über die Organe der Partei "und deren Vertretungsbefugnis, wobei jedenfalls ein Leitungsorgan, eine Mitgliederversammlung und ein Aufsichtsorgan vorgesehen sein muss", heißt es im Gesetz. Filzmaier dazu: "Es reicht aus, eine Partei mit drei Personen zu gründen. Ein Vorstand, sein Stellvertreter und ein Finanzreferent - und die drei stellen dann eben auch die Mitgliederversammlung." Daneben muss die Satzung Informationen über Rechte und Pflichten der Mitglieder, die Gliederung der Partei und Bestimmungen über deren freiwillige Auflösung enthalten.
Mit der Hinterlegung des Schriftstücks beim Innenministerium ist die Partei eine juristische Person -also "fertig". Wie einfach es ist, eine Partei zu gründen, sieht man an der Vielzahl von Karteileichen: 973 Parteien sind derzeit im Register des Innenministeriums angeführt - darunter klingende Namen wie die 1979 ins Leben gerufene "Union zur Förderung heimatlicher Interessen", oder die "Initiative Haschisch legal" aus 1982. Ein letztes Gustostück noch: 1986 wurde die "Autonom revolutionär subversiv chaotische Hackler Partei" (A.R.S.C.H. Partei) angemeldet.
Wahlantritt kein Kriterium für Parteigründung
Die mit Abstand meisten von ihnen sind freilich nie zu einer Wahl angetreten - und genau hier hakt Filzmaier mit seiner Kritik ein: Prinzipiell verstehe er, dass die Gründung einer politischen Partei nach 1945 möglichst einfach gemacht wurde, um die Demokratie zu stärken. Die Gründungsvoraussetzungen im Parteiengesetz müssten präzisiert werden. Zudem sieht er es als problematisch an, dass viele Parteien niemals kandidieren. In Deutschland müssten die Parteien demgegenüber schon bei der Gründung glaubhaft machen können, dass sie zu Wahlen antreten wollen. Das wird in Österreich nicht geprüft. "Wir dürfen auch gar nicht prüfen", sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Nur, wenn der Parteizweck strafrechtlich relevant ist, wird das Anliegen an die zuständige Stelle weitergeleitet.
Für den Antritt bei einer Wahl ist es aber gar nicht zwingend notwendig, eine Partei zu gründen. Dafür genügt eine wahlwerbende Gruppierung. Diese könnte theoretisch aus einer Einzelperson bestehen, erklärt der Leiter der Wahlbehörde im Innenministerium, Robert Stein. Was einfach klingt, wird aber rasch kompliziert - und ist für eine Einzelperson praktisch undurchführbar: Für ein Antreten braucht jede Partei die Unterstützung von drei Abgeordneten oder 2600 Unterschriften. Ist das geschafft, können Landes- und Bundesliste aber wiederum auch nur aus einer Person bestehen.
Ruf nach Obergrenze
für Spenden
Auch in diesem Bereich sieht Filzmaier nach dem Fall Stronach Handlungsbedarf. Wie schon zuvor sein Kollege Hubert Sickinger und die Grünen spricht er sich für ein Spendenlimit pro Person und wahlwerbender Gruppierung aus, um "problematische Abhängigkeiten zu vermeiden", wie er sagt. Allerdings gibt es hier einige Fallstricke: Eine solche Bestimmung müsste im Verfassungsrang sein, um Unklarheiten vorzubeugen. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, zu verhindern, dass eine Person Inseratenplatz kauft und dort beliebig für eine Partei wirbt, sagt Filzmaier mit Verweis auf ein entsprechendes Urteil des US-Supreme Court. Solange nicht nachgewiesen wird, dass diese Person darüber mit der Partei gesprochen hat, ist das von der Meinungsfreiheit gedeckt und eine Umgehungsmöglichkeit für sämtliche Beschränkungen (auch der Wahlkampfkosten-Obergrenze). Generell ist Filzmaier dafür, Wahlrecht und Parteiengesetz gesamthaft zu betrachten und zu adaptieren. Allerdings: "Gesetzgebung ist immer auch anlassbezogen. Das, was jetzt mit dem Team Stronach passiert, hätte man vor drei Jahren noch als wirren Phantasiefall abgetan."