Premier Tariceanu kommt Partei-Flügel abhanden. | Bukarest. (ap) "Wir haben eine Minderheitsregierung und relative Stabilität. Die Demokratische Partei wird die Koalition nicht verlassen solange wir einen Regierungschef haben und die Stabilität gewährt ist", erklärte der Vorsitzende der Demokratischen Partei (PD) in Rumänien, Emil Boc, nach der offiziell gewordenen Spaltung der mitregierenden National-Liberalen Partei (PNL).
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Am Vortag hatte eine Gruppe von Dissidenten innerhalb der PNL unter Leitung des ehemaligen Ministerpräsidenten Theodor Stolojan die Gründung einer neuen liberalen Formation, der Liberal-Demokratischen Partei, angekündigt. Dies hatte die Spekulationen über den möglichen Zerfall der Regierungskoalition und Neuwahlen in Rumänien intensiviert.
Stolojan kündigte allerdings an, dass die Liberal-Demokraten innerhalb der Allianz "Recht und Wahrheit" aus PD und PNL bleiben wollten. Hochrangigen Mitgliedern der liberalen Führung, darunter Vizechef Dinu Patriciu, waren zuvor immer wieder Verwicklungen in unsaubere Geschäften im Energiebereich vorgeworfen worden. Diese seien vom Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Calin Popescu Tariceanu zumindest toleriert worden, so die Anschuldigung.
Dissidenten: Premier soll zurücktreten
Stolojan warf Tariceanu und dessen Anhängern vor, die National-Liberalen "ins Verderben" zu führen und verwies auf Umfragen, in denen die PNL nur noch von elf Prozent der Wähler unterstützt wird. Stolojan äußerte die Hoffnung, dass die Spaltung der Partei ein Signal für Tariceanu sein werde, dass es an der Zeit sei, den Parteivorsitz und gleichzeitig das Amt des Regierungschefs aufzugeben. Die geplante Liberal-Demokratische Partei könnte eigenen Einschätzungen zufolge zur Zeit auf die Unterstützung von 29 Abgeordneten aus den bisherigen PNL-Reihen zählen, darüber hinaus auf acht Kreisorganisationen und 11.500 Mitglieder. Ein Vorsitzender für die Liberal-Demokraten soll auf einem Parteitag im Jänner gewählt werden.
Die Koalition in Bukarest wurde schon durch das Austreten der Konservativen Partei (PC) aus dem Regierungsbündnis am vorvergangenen Sonntag erheblich geschwächt. Diese Tendenz wird durch die Spaltung der PNL verstärkt. Die Vorbereitung von Neuwahlen im Lauf des nächsten Jahres wird nun immer wahrscheinlicher, umso mehr, da eine geschwächte Regierung die mit dem EU-Beitritt Rumäniens am 1. Jänner 2007 verbundenen Herausforderungen nur schwer wird meistern können.
Rumäniens Präsident Traian Basescu, der der Demokratischen Partei nahe steht, soll die Abspaltung aktiv unterstützt haben. Die Reaktion Tariceanus fiel dem entsprechend deutlich aus. Er warf der Gruppe um Stolojan vor, "von außen" manipuliert zu sein. Die neue Partei sei "weder liberal noch demokratisch", und Stolojan selbst habe keine Verbindung zum Liberalismus, sonst hätte er nicht Anfang der 90er Jahre unter dem sozialistischen Präsidenten Ion Iliescu gedient, so der Premier.