Taxifenster müssen geschlossen bleiben, Messer werden in Peking nicht verkauft.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Peking. Zu behaupten, die chinesischen Sicherheitsbehörden wären dieser Tage nervös, wäre eine leichte Untertreibung. Immerhin beginnt am 8. November ein Ereignis, das in China nur alle zehn Jahre stattfindet: Im Rahmen des großen Parteitages der Kommunistischen Partei zieht sich Staats- und Parteichef Hu Jintao ebenso wie Premier Wen Jiabao aus der Führungsspitze zurück. An ihre Stelle rücken voraussichtlich jeweils Hus bisheriger Stellvertreter Xi Jinping sowie der bisherige Vize-Premier Li Keqiang.
Voraussichtlich deshalb, weil es im Vorfeld dieses Parteitages Machtkämpfe gab, die im Skandal um den gestürzten Parteichef von Chongqing, Bo Xilai, ihren Höhepunkt gefunden haben. Noch immer wird hinter den Kulissen um Posten und Einfluss gerangelt. Seit 1. November tagt die Parteispitze im legendären Westhotel, drei Tage lang sollen die 332 Männer und 37 Frauen des Zentralkomitees den Generationenwechsel finalisieren. Doch abgesehen davon, dass Hu den 18. Parteitag mit einer Rede in der Großen Halle des Volkes eröffnen wird, weiß man über die inhaltliche Ausrichtung der zukünftigen Führung nach wie vor wenig. Weitere personelle Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.
Dementsprechend angespannt zeigt sich der Sicherheitsapparat im Vorfeld des Parteitages. So ist es Taxifahrern per Dekret verboten, während der Fahrt die Fenster zu öffnen, da "subversive Kräfte" möglicherweise mit Parolen beschriftete Tischtennisbälle aus dem Fahrzeug werfen könnten. Seitdem wird im Internet darüber diskutiert, was passiert, wenn der Fahrer an Blähungen leidet.
Verdächtige Luftballons
Außerdem sollen Taxis den Tiananmen-Platz im Zentrum Pekings großräumig umfahren. Wenn sich der Weg nicht vermeiden lässt, müssen die Fahrgäste vorher ein Formular mit Name, Adresse und Telefonnummer ausfüllen. Ebenfalls um unerwünschte Botschaften zu vermeiden, müssen sich die Käufer von ferngesteuerten Modellflugzeugen mit ihrem Pass oder ihrer ID-Karte ausweisen.
Dieser Regelung fallen auch die zahlreichen Straßenhändler zum Opfer, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Luftballons verdienen. Zudem ist in Peking der Verkauf von Messern untersagt, das Mitnehmen von Messern und Scheren in Zügen ist in ganz China verboten.
Die Chinesen nehmen all dies mit galligem Humor zur Kenntnis und nennen das politische Großereignis in Anlehnung an den Film "300" nur noch "Sparta". Das Wort leitet sich aus dem chinesischen "shi ba da" ("große 18") ab, was sich auf den 18. Parteitag bezieht. Apropos Kino: Dem spartanischen China fiel dieser Tage selbst James Bond zum Opfer - die Premiere von "Skyfall" wurde auf den 15. Jänner verlegt.