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Parti Socialiste auf Chefsuche

Von Alexander U. Mathé

Europaarchiv

Parteitag für November geplant. | PS steht vor Runderneuerung. | Paris/Wien. Frankreichs Sozialisten wollen sich selbst neu erfinden. Im Aufwind der erfolgreich bestrittenen Gemeinderatswahlen sucht die Parti Socialiste (PS) einen neuen Anführer, neue Statuten und - da man gerade dabei ist - auch gleich neue Grundwerte.


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Die Neuorientierung verwundert wenig: Hatte die zerstrittene Führung die Partei doch bildlich gesprochen gegen die Wand gefahren. Jahrelang lag die PS zerstritten darnieder. EU-Anhänger und EU-Gegner bekriegten einander, alte Parteigranden versuchten ihr Revier gegen die neue Kraft in der Partei, Ségolène Royal, zu verteidigen. Nur kurz herrschte während des Kampfs um die Präsidentschaftswahl letztes Jahr nolens volens ein Waffenstillstand. Doch die verlor Royal ebenso wie die Partei die Parlamentswahlen und das Gezeter drohte wieder loszugehen. Geradezu symbolisch trennte sich Royal nach den Wahlen von ihrem jahrelangen Lebensgefährten, PS-Parteichef François Hollande. Den genauen Fahrplan aus dem Dilemma wollte die PS noch am Dienstagabend festlegen. Die Parteiführung sollte bestimmen wann der Parteitag zur Wahl des neuen Parteichefs stattfinden wird. Dabei sollte dem Wunsch von Hollande entsprochen werden, das Votum am 7. oder 9 November abzuhalten. Er selbst wird nach elf Jahren sein Amt niederlegen und will nicht mehr kandidieren - ganz im Gegensatz zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin.

Vieles spricht für ein Duell Royal-Delanoë

Zwar hütete sich Royal davor, gegen diesen Termin Stimmung zu machen und so in den Ruf zu geraten, die Partei weiterhin spalten zu wollen. Doch eigentlich hätte sich Royal einen früheren Zeitpunkt gewünscht. Der lange Zeitraum könnte ihren Konkurrenten die Möglichkeit geben, ihre Anhängerschaft zu formieren. Als Hauptkonkurrent Royals wird Bertrand Delanoë gehandelt, der vor rund 10 Tagen in seinem Amt als Pariser Bürgermeister bestätigt wurde. Er selbst hat eine Kandidatur für das Amt des Parteichefs aber noch nicht bestätigt.

Aber auch andere Gesichter, alte wie neue, werden als aussichtsreiche Kandidaten gehandelt. Unter ihnen finden sich Martine Aubry, Bürgermeisterin von Lille und Tochter des ehemaligen Ministers Jacques Delors und Ex-Premierminister Laurent Fabius. Deren Anhängerschaft fürchtet jedoch, dass ihre Favoriten in einem Duell Royal-Delanoë untergehen könnten. Daher plädieren sie für die Kür eines vorläufigen Parteichefs. Der richtige sollte ihrer Ansicht nach erst 2010/2011 nominiert werden und dann als Präsidentschaftskandidat 2012 ins Rennen gehen.

Wer auch immer die Partei künftig führen wird, er soll nach Wunsch Hollands jedenfalls im November eine runderneuerte Partei übernehmen. Vor dem Parteitag im November sollen daher die Statuten der Partei und ihre Prinzipien überarbeitet werden.

Royal führt unter

PS-Sympathisanten

Damit würden sich die Sozialisten an die längst fällig Aufräumarbeit machen. Schließlich hatte seinerzeit der Streit über die Abstimmung zur EU-Verfassung die Partei gespalten. Zur Orientierungslosigkeit der Partei beigetragen hat auch die von Royal vollzogene Annäherung an nationale Symbolik, die es bis dahin bei Frankreichs Sozialisten nicht gegeben hatte.

So ließ sie bei ihren Auftritten beispielsweise die französische Fahne aufspannen oder sang statt der Internationalen die Marseillaise - und hatte Erfolg damit: Einer letzten Umfrage zufolge halten sie 59 Prozent der PS-Anhänger für die beste Präsidentschaftskandidatin für 2012. Befragt man allerdings alle Franzosen, so wäre Delanoë für 40 Prozent der optimale Kandidat.