Die Sozialpartner greifen Bildungs- und Forschungseinrichtungen unter die Arme, teils auch finanziell.
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Wien. Was nach den nun startenden Regierungsverhandlungen von ÖVP und FPÖ am Tisch liege, werde man "ganz cool" beurteilen, sagt Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske in der gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖGB-Chef Erich Foglar. Ganz so cool sind zwei der vier Sozialpartner dann doch nicht. Mit einer Abschaffung der Kammer-Pflichtmitgliedschaft und damit dem Aushebeln der Kollektivvertragssysteme werde man "sicher nicht einverstanden sein", sagt Foglar.
Ganz so cool können auch einige Bildungs- und Forschungseinrichtungen aktuell nicht in die Zukunft blicken. Denn die Sozialpartner - ÖGB, Arbeiter-, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer - verhandeln nicht nur Löhne und Gehälter und beraten ihre Mitglieder. Sie unterstützen auch einige Forschungs- und Bildungseinrichtungen wie das BFI, das Wifi, das LFI und Fachhochschulen, den VKI oder das Wifo - und greifen diesen zum Teil auch finanziell unter die Arme.
Sozialpartner-Weiterbildung
Das Wirtschaftsförderungsinstitut, kurz Wifi, ist wie die Wirtschaftskammern föderalistisch organisiert: Neben dem Bundes- gibt es neun Landes-Wifis und ein Wifi International, alle sind 100-prozentige Töchter der jeweiligen Wirtschaftskammern — trotzdem sind sie kaum finanziell auf diese angewiesen.
In insgesamt rund 32.000 Kursen und Lehrgängen werden jährlich circa 350.000 Teilnehmende ausgebildet. Das sorgt laut Institutsleiter Michael Landertshammer insgesamt für 165 Millionen Euro Umsatz. Damit tragen die Wifis je nach Bundesland zwischen 92 und 95 Prozent ihrer Kosten selbst. Für den restlichen Betrag, zum Teil auch für die Infrastruktur, kommen die Wirtschaftskammern auf.
Zwar sind 90 Prozent der Auszubildenden am Wifi Arbeitnehmer, erläutert Landertshammer: "Wir wollen das Wissen in den Betrieben bei Themen wie der Digitalisierung auf den neuesten Stand bringen." Das eigentliche Aus- und Weiterbildungsinstitut auf Arbeitnehmerseite ist allerdings das Berufsförderungsinstitut, kurz BFI. "Die zehn BFI, wieder eine Bundes- und neun Länderinstitutionen, sind als Verein organisiert, sie müssen sich selbst erhalten und finanzieren", sagt Michael Sturm, der Geschäftsführer des BFI-Österreich. Und sie tun das auch: Die Arbeiterkammer und der ÖGB werden zwar als "Träger" genannt. "Sie tragen maximal ein Prozent der Kosten und auch das nur in manchen Bundesländern", sagt Sturm. 2016 erwirtschafteten die BFI mit insgesamt 17.000 Bildungsveranstaltungen, die rund 196.000 Personen besuchten, 213 Millionen Euro. Rund drei Viertel der Kurseinheiten werden von öffentlichen Einrichtungen bezahlt, ein Viertel ist von Unternehmern und Arbeitnehmern selbst bezahlt. Die BFI sind also von ihren Trägern fast zur Gänze unabhängig.
Ganz anders gestaltet sich die Finanzierung der ländlichen Fortbildungsinstitute. Das ist der Verein, der für seine Mitglieder, darunter die ebenfalls föderalistisch organisierten Landwirtschaftskammern, Weiterbildungsveranstaltungen organisiert.
Der stellvertretende Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich, Anton Reinl, erläutert, dass "rund 50 bis 70 Prozent" der Kosten über EU-, Bundes- und Landesförderungen getragen werden. Für 2016 weist die EU-Transparenzdaten-Bank für die LFI rund 2,4 Millionen Euro an Förderungen aus. Der Rest werde aus Mitgliedsbeiträgen und Kursgebühren finanziert.
Kammernahe Fachhochschulen
Gänzlich im Eigentum von Salzburger Arbeiter- und der Wirtschaftskammer ist die Fachhochschule Salzburg. FH-Geschäftsführer Raimund Ribitsch lässt ausrichten, dass man "immer wieder nach Vereinbarung Forschungsprojekte und Stipendien" von den Eigentümern finanziert erhalte. Wie viel genau und zum Budget, dazu gibt es keine Auskunft.
Anders bei der FH der WKW - diese ist zu je 50 Prozent im Eigentum der Wirtschaftskammer Wien und dem Fonds der Wiener Kaufmannschaft. Das Budget von 21 Millionen Euro muss sie laut Geschäftsführer Michael Heritsch selbst erwirtschaften: "In den Anfangsjahren hat uns der Eigentümer noch bei der Infrastruktur, aber mit keinen Millionen-Beiträgen unterstützt. Heute gibt es wenig monetäre Unterstützung, projektweise oder 50.000 Euro für eine Stiftungsprofessur oder für das Radio."
Auch bei der Campus 02 Graz mit 12 Millionen Euro Budget ist die Wirtschaftskammer Steiermark zu 40 Prozent Eigentümer, neben der Industriellenvereinigung, der GWB Beteiligungs GmbH, der Raiffeisen Landesbank und der Steiermärkischen mit je 15 Prozent. Hier erhält man von der Kammer einen günstigeren Mietvertrag. Und es gäbe eine Ausfallhaftung, die habe man aber noch nie gebraucht, erläutert der kaufmännische Geschäftsführer Erich Brugger.
Und die FH des BFI Wien ist zwar zu 100 Prozent Tochtergesellschaft - 96 Prozent der rund 15 Millionen Euro Jahresbudget werden hier über Studienplatzfinanzierung und Lehrgangsgebühren getragen. "Aber auch von den vier Prozent Forschungsmittel ist der Anteil an Sozialpartnerfinanzierung marginal", sagt die designierte Geschäftsführerin Eva Schießl-Foggensteiner. "Wir generieren weit mehr EU-Drittmittel."
Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo ist laut Bernhard Binder, dem stellvertretenden Leiter, der für die Finanzen zuständig ist, "weniger von den Sozialpartnern finanziert, als man glaubt". Man legt beim Wifo Wert auf die Feststellung, dass die Forschung "natürlich unabhängig ist". Durch den Vorstand mit Wirtschaftskammer Österreich-Präsident Christoph Leitl als aktuellem Wifo-Präsident und Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske, der neben Ingrid Kubin, der Vorständin des Departments für Volkswirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Wien, den Vize beim Wifo gibt, entstehe aber der Eindruck einer Sozialpartner-Organisation.
Tatsächlich werden 18 Prozent der 13 Millionen Euro Budget über "öffentliches Gut", also Analysen und Prognosen von öffentlichem Interesse, erwirtschaftet. 15 Prozentpunkte bezahlen die drei großen Sozialpartner ÖGB, Arbeiter- und Wirtschaftskammer, je ein Prozent leisten die Landwirtschaftskammer als vierter Sozialpartner, die Industriellenvereinigung und andere Verbände.
AK-Mittel für VKI
Den weit größeren Anteil der Finanzierung des Wifo, konkret 42 Prozent, leisten die Oesterreichische Nationalbank und das Finanzministerium. Der Rest, 40 Prozent, kommt aus Drittmittel. "Auch davon sind nur 4,5 Prozent der Forschungsaufträge von den Sozialpartnern", sagt Binder.
Auch der Verein für Konsumenteninformation hat zuletzt Mittel von der Arbeiterkammer und vom Sozialministerium erhalten. Der Geschäftsbericht zeigt, dass es 2016 3,4 Millionen Euro öffentliche Zuschüsse und Subventionen von insgesamt 13,4 Millionen Euro Einnahmen waren. Ab 2018 soll laut scheidendem Sozial- und Konsumentenschutzminister Alois Stöger die Finanzierung des VKI übrigens mit jährlich 1,5 Millionen Euro der zuletzt 34 Millionen, die der Verein über Klagen an Bußgeldern brachte, sichergestellt werden.