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Partys auf der Drehscheibe

Von Stefan Beig

Politik
"Zenne - Dancer" aus der Türkei erzählt das Schicksal eines Homosexuellen.
© Foto:Let’s CEE Filmfestival

Veranstalter wollen den kulturellen Austausch mit der CEE-Region fördern.


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Wien. Das Flair Zentral- und Osteuropas soll Ende Mai Wiens Straßen beleben. "Let‘s CEE", das neue Filmfestival, will mehr sein als "nur" ein Filmfestival. Abseits von neuen Kinostreifen aus der CEE-Region - und teilweise darüber hinaus -, die im Urania und Apollo Kino ihre Österreich-Premiere erleben, gehören Konzerte und eine Partyline im Ostklub, Begegnungen und Diskussionen mit internationalen Künstlern in der Strandbar Herrmann, sowie Workshops zum Programm. "Das ist ein Festival für jeden! Die Leute sollen dort abgeholt werden, wo sie sind", betont Festivalleiterin Magdalena Zelasko. "Wir wollen diese Stadt in einen Ausnahmezustand versetzen."

32 Filme werden gezeigt, 14 davon beim Spielfilm- oder Dokumentarfilm-Wettbewerb. Slava Ross’ viel beachtete Regiearbeit "Siberia, Monamour" aus Russland geht etwa ins Rennen, oder der auf wahren Begebenheiten basierende tschechische Streifen "Lidice" über die gleichnamige Kleinstadt, deren völlige Vernichtung durch die Nazis allein der tragische Held Síma überlebte. Mit "Zenne - Dancer" ist auch eine türkische Produktion dabei, die vom ersten "offiziellen" Ehrenmord an einem Homosexuellen in der Türkei handelt.

Ein Team rund um die Schauspielerin Mercedes Echerer kuratiert die Reihe der konkurrierenden Spielfilme. Abseits der beiden Wettbewerbe eröffnet das mehrfach ausgezeichnete polnische Filmdrama "In Darkness" aus dem Jahr 2011 den Filmreigen. Es dreht sich um den Kanalarbeiter Leopold Socha, der Juden vor dem Holocaust zu retten versuchte. Weitere Schwerpunkte widmen sich dem estnischen Kino, das sein 100-Jahr-Jubiläum feiert, und Musik-Dokumentationen aus Exjugoslawien, die im Apollo-Kino - kombiniert mit Partys - ein jugendliches Publikum ansprechen sollen. Teils werden hier auch ältere Film-Juwele hervorgeholt.

Fast jeden Film präsentiert der Regisseur selbst. Alle Filme werden in Originalsprache und mit Untertiteln gezeigt, als "deutliches Zeichen für Internationalität", wie Magdalena Zelasko hervorhebt: "Dass Menschen in Wien andere Sprachen sprechen, ist eine Bereicherung für diese Stadt und die Wirtschaft. Wir wollen ein Bewusstsein für diese Sprachen und ihren Klang schaffen." So wird auch der interkulturelle Austausch gefördert. "Wer alle Filme besucht, kennt die Vielseitigkeit Zentral- und Ost-Europas in fast all ihren Facetten", meint die Festivalleiterin. Den vermittelten Lebensstil beschreibt sie als "anspruchsvoll, international, lebendig, authentisch."

Wien als neue Drehscheibe

Zur Zielgruppe gehören interessierte Einheimische genauso wie Migranten, bei denen über Ethno-Medien und Kulturinstitute, mit Postkarten und Plakaten in türkischen und russischen Restaurants für "Let‘s CEE" geworben wird. Alle Wiener Communitys, aus deren Herkunftsländern Filme zu sehen sind, ergeben zusammen 500.000 Menschen. "Bei vielen spielt ihre alte Heimat noch eine Rolle", sagt Zelasko. "Ich weiß das von mir. Ich bin hier angekommen, aber ich empfinde es als Bereicherung zwei Heimatländer zu haben - Österreich und Polen."

Die Cineplexx International fungiert als strategischer Partner. "Wir gehören zu den führenden Kinoketten in der CEE-Region", betont Geschäftsführer Christof Papousek. "Wien ist zweifellos der beste Schauplatz für das Festival." Die Tickets sind ab spätestens Montag auch über die Homepage erhältlich.

"Lidice" handelt von der Ermordung der Bewohner des Orts Lidice.
© Foto:Let’s CEE Filmfestival

Das Festival-Team arbeitet nur ehrenamtlich. Die öffentliche Hand war abgesehen vom Integrationsstaatssekretariat zögerlich. Alle Partner und Mitarbeiter glauben an das Potenzial. "Wien liegt im Herzen Zentral-Ost-Europas. In wirtschaftlicher Hinsicht ist es bereits die Drehschreibe. Nun soll es auch eine kulturelle Drehscheibe werden", hofft Zelasko.

Eine solche Drehscheibe für Künstler aus Zentral- und Osteuropa war Wien schon einmal: Im Fin de Siècle erlebte hier eine verspätete Moderne in einem vielseitigen Umfeld eine ungeahnte kreative Blüte. Kunstschaffende trafen sich damals in Salons und Zirkeln. Den ganz großen Durchbruch der Wiener Moderne haben der Erste und Zweite Weltkrieg verhindert, danach der Eiserne Vorhang. Nun, 100 Jahre später, könnte es wieder losgehen.

Im nächsten Jahr sollen auch österreichische Filme mit Schwerpunkt in Zentral- und Osteuropa gezeigt werden. "Wir wollen Kooperationen zwischen Wien und der CEE-Region bewirken", betont Magdalena Zelasko. Vielleicht sind heuer auch neue Filmemacher von morgen dabei. Beim Workshop "Vienna goes L.A." werden Jugendliche einen Kurzfilm erstellen und im Apollo Kino dem Publikum vorstellen.

Website Let’s CEE Filmfestival