Nikosia - Der "Dinosaurier" der zypriotischen Politik hat sein Werk nahezu vollendet: Glafcos Clerides (83) hat die Republik Zypern in den Jahren seiner Präsidentschaft bis an die Schwelle der Europäischen Union geführt. Angesichts des EU-Beitritts im Mai 2004 ist die Wiedervereinigung der zwischen Griechen und Türken geteilten Mittelmeerinsel in greifbare Nähe gerückt. Die Verhandlungen mit dem Führer der türkischen Zyprioten, Rauf Denktas (78), über den UNO-Wiedervereinigungsplan haben einen sehr sensiblen Punkt erreicht. Die Vereinten Nationen und die EU dringen auf eine Einigung bis zum 28. Februar. Da kommt die Präsidentenwahl am kommenden Sonntag (16. Februar) ungelegen.
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Doch Clerides ist sich sicher, dass die griechischen Zyprioten so kurz vor dem Ziel nicht die Pferde wechseln. Einen Wahlkampf führt "der Alte" nicht. Beobachter sind ebenfalls der Ansicht, dass Clerides der einzige Politiker ist, der das Format hat, die Zypern-Frage gegen den Widerstand von rund 160.000 aus dem Norden vertriebenen Zypern-Griechen zu lösen, die nach dem UNO-Plan zum großen Teil nicht in ihre Häuser zurückkehren werden.
Starker Gegenkandidat
Doch die Wiederwahl des "Architekten des EU-Beitritts" ist nicht sicher: Die griechisch-zypriotische Presse rechnet mit einem "großen Kampf". Sein stärkster Gegenkandidat ist der bürgerliche Politiker Tassos Papadopoulos (69). Er wird von der gesamten kommunistischen, bürgerlichen und sozialistischen Opposition unterstützt. Papadopoulos verspricht, dass er mehr für die Griechen der Insel herausschlagen wird. Sein Ruf als Hardliner gilt aber auch als Nachteil. Kommentatoren befürchten, er könnte "dem nationalen Thema der Wiedervereinigung" schaden. Darüber hinaus sei Papadopoulos international unbeliebt, weil sein Name mit Geldeinlagen des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic in Zypern in Verbindung gebracht wird.
Nach letzten Umfragen könnte Papadopoulos die erste Runde der Wahl deutlich gewinnen, die notwendige absolute Mehrheit jedoch verfehlen. Für die Stichwahl am 23. Februar wird übereinstimmend ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt. Zünglein an der Waage könnte ein dritter Kandidat, Alekos Markidis (56), spielen. Markidis ist als Verfassungsjurist und Generalstaatsanwalt ein enger Mitarbeiter des amtierenden Präsidenten und gehört der konservativen Partei DISY an, die Clerides in den 70er Jahren gründete. Er sagt von sich, dass er genauso gut wie sein "Mentor" die Interessen der Zypern-Griechen vertreten könne, da er bereits an allen Verhandlungen mit der türkisch-zypriotischen Seite teilgenommen habe.
Clerides hat angekündigt, er werde bei einer Wiederwahl nicht die volle Amtszeit ausschöpfen, sondern nach 16 Monaten zurücktreten. Er wolle Zypern - wenn möglich - zur Wiedervereinigung und am 1. Mai 2004 in die EU führen. Dann will er "den Weg für die Jüngeren freimachen". Politische Beobachter vermuten, dass dann Markidis zum Zuge kommen könnte, dem jetzt allenfalls zehn Prozent der Stimmen zugetraut werden.