Registrierung in China Voraussetzung für Durchsetzung. | 80 Prozent der Fälschungsopfer fehlt Rechtsgrundlage. | Brüssel. 300 Milliarden Euro oder zehn Prozent des Welthandels beträgt der Schaden durch Diebstahl geistigen Eigentums nach Expertenschätzungen pro Jahr.
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100 Millionen Fälle registriert allein die EU, bis zu 500.000 Jobs in der Union seien durch die Produktpiraterie gefährdet. Sieben von zehn europäischen Unternehmen sind betroffen. Sie kosten die Fälschungen im Schnitt rund 20 Prozent ihres Umsatzes. Die Herkunft der beschlagnahmten Plagiate spricht eine deutliche Sprache: Bis zu zwei Drittel kommen aus China. Dieses Bild zeichnet die Büroleiterin des Austria Wirtschaftsservice (AWS) in Shanghai, Verena Nowotny.
Plagiate konkurrieren mit Originalen
Dabei handelt es sich bei der boomenden Volksrepublik nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) keineswegs um einen rechtsfreien Raum. China ist Mitglied der WTO und verfügt laut DIHK über ein Patentrecht auf "ordentlichem Niveau".
80 Prozent der europäischen Opfer verfügten aber schlicht über keinen Patentschutz ihrer Erfindungen im Reich der Mitte - die chinesischen Kontrahenten kopierten daher rechtlich einwandfrei. Illegal wird erst der Import in Länder der EU, für die die heimischen Firmen ein Patent angemeldet haben.
Anders ist die Lage, wenn ein einem Land kein Patent angemeldet wurde. Dann konkurrieren die Plagiate ohnehin legal mit den Originalen.
Notwendig für die Schadensminimierung ist daher die Anmeldung seines Patents, seines Musters oder seiner Marke in China, erläutert Nowotny. Das wird jedoch durch die "nicht leicht zu durchblickende Bürokratie" und die immer noch weit verbreitete Korruption erschwert. So seien allein auf Bundesebene 16 Behörden für geistiges Eigentum zuständig.
Immerhin können die Kosten mit Unterstützung des AWS wegen dessen Vernetzung im Land und der bis zu 50-prozentigen Förderung auf 500 bis 1000 Euro pro Schutztitel gedrückt werden. Eine Anmeldung in der Volksrepublik über einen österreichischen Anwalt koste dagegen mit rund 7000 Euro grob geschätzt etwa so viel wie durchschnittlich in einem EU-Land, so Georg Buchtela, Leiter des AWS-Lizenz- und Patentmanagements. Bei der Registrierung direkt in China würden immer noch um die 4000 Euro anfallen.
Chinesen auf der Jagd nach Erfindungen
Auch Unternehmen, die sich gar nicht am chinesischen Markt engagieren, sind in Gefahr. Das gehe so weit, dass findige Chinesen gezielt Patente für die Volksrepublik anmeldeten, um welche die europäischen oder US-amerikanischen Erfinder gegen chinesische Konkurrenten bieten müssten, um ihre eigenen Produkte schützen zu können.
Richtig teuer wird dann die Durchsetzung der Patente vor chinesischen Gerichten. Laut Buchtela ist mit fünfstelligen Eurobeträgen zu rechnen. Die Verfahren sollten unbedingt in Metropolen wie Peking oder Schanghai geführt werden. Dort seien erfahrene Richter am Werk, die Verfahren zunehmend transparenter, die Chancen "gar nicht schlecht."
2006 haben die chinesischen Behörden immerhin 14.056 Verfahren abgeschlossen, gegenüber 1332 im Jahr 1997. 227 Anträge auf Unterstützung wurden im letzten Jahr beim AWS eingereicht. Gefördert wurden 55 Patent- und 27 Markenanmeldungen, in elf Fällen wurden Betriebe bei der Durchsetzung ihrer geistigen Eigentumsrechte unterstützt.