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Patt im Parlament

Von Martyna Czarnowska

Politik

Der Streit um die Budget-Abstimmung lähmt die Arbeit der Abgeordneten.


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Warschau.  Eine Verschiebung folgte auf die andere. Die Krisentreffen reihten sich aneinander. Der Beginn der 33. oder 34. Plenarsitzung des Sejm, des polnischen Parlaments, verzögerte sich zuerst um eine Stunde, dann um eineinhalb, dann nochmals. Ursprünglich war er für gestern, Mittwochmittag, angesetzt. Am frühen Nachmittag gab es das Parlamentsbüro auf, die geplante Uhrzeit auf der Webseite zu aktualisieren. Erst am Abend, mit siebenstündiger Verspätung, eröffnete Sejm-Marschall Marek Kuchcinski die Sitzung – um sie nach knapp vier Minuten wieder zu unterbrechen. Am heutigen Vormittag soll sie fortgesetzt werden.

Bis dahin wollen Mandatare der oppositionellen Bürgerplattform (PO) im Saal bleiben. Sie führen ihren Sitzstreik weiter, in den sie gemeinsam mit Kollegen aus der liberalen Oppositionspartei Nowoczesna (Moderne) Mitte Dezember getreten sind. Seit damals schwelt der Streit mit der nationalkonservativen Regierungsfraktion PiS (Recht und Gerechtigkeit). Die Meinungen gehen selbst darüber auseinander, ob es sich nun um die 33. oder die 34. Sitzung handelt. Aus Sicht der Oppositionspolitiker ist die Dezember-Zusammenkunft, die 33., nie zu Ende gegangen, weil Kuchcinski lediglich eine Pause angeordnet hatte. Was danach geschah, führte zu der parlamentarischen Krise, die noch gestern die Arbeit des Plenums behinderte.

Die protestierenden Abgeordneten fordern eine Wiederholung der Abstimmung über das Budget für dieses Jahr. Das Votum fand vor Jahresende in einem anderen Raum als dem Plenarsaal statt, weil dieser von einigen Oppositionspolitikern blockiert wurde. Sie empörten sich über den Ausschluss eines Kollegen, der wiederum gegen geplante Regeln protestierte, die die Bewegungsfreiheit von Journalisten im Parlament stark eingeschränkt hätten. Kuchcinski verlegte daraufhin die Haushalts-Abstimmung in einen anderen Saal. Die Opposition trat in den Streik, was die nationalkonservative Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) bald als "Besetzung" bezeichnete. Ihr Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski sprach gar von einem "Verbrechen gegen den Staat".

Zweifel an Gültigkeit

Unterstützung erhielt die Opposition hingegen von außerhalb des Parlaments. Ein Grüppchen von Demonstranten harrte vor dem Gebäude ebenfalls wochenlang aus. Ihre Zahl wuchs am Mittwochabend, nach einem Aufruf des "Komitees zur Verteidigung der Demokratie" (KOD), das schon zuvor Proteste gegen die Regierung organisiert hatte.

Die Forderung nach "freien Medien im Sejm" konnten die Oppositionellen zwar mittlerweile fallen lassen, weil PiS das Vorhaben für die neuen Vorschriften für Medienvertreter zurückgezogen hatte. Doch der wesentliche Zwist konnte nicht ausgeräumt werden.

Die Opposition hegt nämlich weiterhin Zweifel an der Gültigkeit der Budget-Abstimmung vom Dezember. Diese wurde per Handzeichen durchgeführt; Sekretäre gingen durch den Raum und zählten. Doch gibt es Einwände, dass nicht alle Stimmen nachvollziehbar sind und möglicherweise das erforderliche Quorum gar nicht erreicht wurde.

Daher pochte vor allem die ehemalige Regierungspartei PO weiterhin auf eine Wiederholung des Votums. In den sozialen Medien und bei Kurzauftritten vor den wartenden Journalisten häuften sich den ganzen Nachmittag über gegenseitige Vorwürfe. PO forderte eine Verschiebung der Parlamentssitzung um eine Woche, PiS verlangte eine sofortige Beendigung der Blockade im Plenarsaal. Der Klubobmann der Regierungspartei, Ryszard Terlecki, schloss eine erneute Abstimmung über das Budget aus, weil dieses bereits beschlossen sei. PO-Mandatar Slawomir Nitras veröffentlichte per Kurznachrichtendienst Twitter ein von Kuchcinski unterzeichnetes Dokument. Der Sejm-Marschall erteilte darin den parlamentarischen Sicherheitsbehörden die Erlaubnis, andere Organe um Unterstützung bei der Erhaltung der Sicherheit zu bitten. "Das Parlament unter Kontrolle von Spezialeinheiten?": Nitras zeigte sich empört.

Senat billigt Haushaltspläne

Von all dem ließen sich Teile des Senats, der zweiten Parlamentskammer, nicht beirren. Während im Sejm bei hektischen Krisentreffen ein Kompromiss gesucht wurde, berieten die Senatoren über den Haushaltsentwurf. Der sieht heuer Ausgaben in Höhe von knapp 385 Milliarden Zloty (rund 88 Milliarden Euro) und Einnahmen von gut 325 Milliarden Zloty (74 Milliarden Euro) vor. Nominell klettert das Budgetdefizit damit auf einen Rekordwert, berichtet die Zeitung "Rzeczpospolita". Der Senat nahm den Gesetzesentwurf mit PiS-Mehrheit an. Nun muss noch Staatspräsident Andrzej Duda unterschreiben. Dass er es ablehnt, ist unwahrscheinlich: Er kommt selbst aus den PiS-Reihen.