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Pattstellung ohne absehbare Lösung

Von Katharina Schmidt

Politik

Neuwahlen oder SPÖ-Minderheitsregierung statt großer Koalition? | Eine "WZ"-Analyse zu den Perspektiven nach dem Stopp der Koalitionsgespräche. | Wien. Vier Wochen nach der Wahl scheint die "rasche Bildung einer stabilen Bundesregierung", die sich Bundespräsident Heinz Fischer gewünscht hat, in weite Ferne gerückt. Denn die von der ÖVP ausgerufene Unterbrechung der Koalitionsverhandlungen hat - zumindest vorerst - kein Ablaufdatum. Kanzler Wolfgang Schüssel will zwar nur so lange pausieren, wie die "Dreier-Koalition" von SPÖ, Grünen und FPÖ gegen die ÖVP "eingesetzt wird", die U-Ausschüsse zu Eurofightern und Banken können aber Monate dauern. Durchschnittlich wurde an den bisher 14 U-Ausschüssen der Zweiten Republik 20 Monate gearbeitet.


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Mit der Unterbrechung der Gespräche hat die ÖVP die aus ihrer Sicht einzig mögliche Reaktion auf die U-Ausschüsse gesetzt. War schon der knappe Verlust von Platz eins für die Volkspartei ein Schock, fühlt sich die Kanzlerpartei, die seit 1999 daran gewöhnt ist, alle Optionen offen zu haben, jetzt von der SPÖ endgültig in die Enge gedrängt.

Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches hadert die SPÖ noch mit ihrer neuen Rolle als Siegerpartei. Den lautstark propagierten Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag müssen die Sozialdemokraten weiter verfolgen, sonst verlieren sie Glaubwürdigkeit beim Wähler. Selbst, wenn sie damit den möglichen Koalitionspartner vergraulen.

Der Ball liegt nun bei Fischer. Er muss beide Verhandler dazu bringen, von ihren Extrempositionen abzurücken und zu einer gemeinsamen Gesprächsbasis zu finden. "Innerhalb der kommenden 10 bis 14 Tage wird man sehen, ob ihm das gelingt - sonst muss er den Regierungsbildungsauftrag ändern", meint Politikberater Thomas Hofer.

Fischer stünden mehrere Varianten offen, die alle keinen raschen Weg aus der Krise versprechen. Entweder setzt er die Regierung Schüssel ab und macht Gusenbauer zum Kanzler einer Minderheitsregierung. Oder er beruft ein Expertenkabinett ein. "Beide Varianten sind extrem fragil", erklärt Verfassungsjurist Heinz Mayer. Denn in beiden Fällen müsse sich die Regierung von Fall zu Fall eine Mehrheit im Nationalrat suchen - und könnte jederzeit mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt gehebelt werden. Neuwahlen wären in höchstens einem Jahr absehbar.

Im Raum steht auch die Möglichkeit sofortiger Neuwahlen, die derzeit alle Parteien ablehnen. Auf lange Sicht erscheint dies aber als einzige Variante, sollten die rot-schwarzen Gespräche scheitern. Eine Dreierkoalition von SPÖ, Grünen und FPÖ hält nämlich bisher nur Schüssel für möglich.

Fischer wird zunächst jedenfalls alles tun, um ein Patt wie 2000 zu vermeiden und sein eigenes Gesicht zu wahren. Denn die versteinerte Miene Thomas Klestils bei der Angelobung des Kabinetts Schüssel I ist noch lebhaft in Erinnerung. "Notfalls wird Fischer öffentlich Druck machen", so Hofer. Jedoch: "Er kann die Basis von SPÖ und ÖVP auch nicht um jeden Preis in eine Koalition zwingen."

Hofer: Regierung

"frühestens im Februar"

Sollte die Wiederaufnahme der Gespräche gelingen, ist laut Hofer eine Regierungsbildung bis Weihnachten dennoch utopisch. "Der Eurofighter ist nicht das Hauptproblem, weil hier beide Parteien Exit-Strategien haben. Sie können sich ohne Gesichtsverlust auf weniger Kampfjets einigen. Schwieriger wird es bei Inhalten wie der Grundsicherung." Hofer glaubt an die Bildung einer großen Koalition frühestens im Februar.