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Paulus nach dem Krieg in DDR als Antifaschist geehrt

Von Frank Ellmers

Politik

Dresden - Der Oberbefehlshaber der 6. Armee in Stalingrad, Generalfeldmarschall Friedrich Paulus, wird meist als wankelmütige Person beschrieben. Wilhelm Adam, Adjutant unter Paulus, meinte über ihn: "Schon als jungen Offizier nannte man ihn im Kameradenkreis ,Cunctator', den Zauderer." | Und Manfred Beyer vom Arbeitskreis "Sächsische Militärgeschichte" betrachtet ihn als "Bürogeneral und nicht als | aktiven Truppengeneral".


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Im deutschen Generalstab hatte er den Ruf eines Schreibtischoffiziers, eines talentierten Planers, dem aber jede Praxis als Truppenführer fehlte. Erst auf wiederholtes Drängen von Generaloberst Walter von Reichenau überwand Hitler seine ursprünglichen Bedenken und übertrug Paulus am 6. Jänner 1942 das Kommando über die 6. Armee.

Kaum nachvollziehbar ist für viele die Wandlung des Generals vom getreuen und loyalen Heerführer, der Durchhaltebefehle im Kessel von Stalingrad erließ, keinen Ausbruch wagte und eine Aufforderung der Sowjets zur Kapitulation im Jänner 1943 ablehnte, zu einem Mann, der sich nach seiner Gefangennahme in den Dienst der kommunistischen Sowjetunion stellte.

Paulus hatte sich nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 dem "Komitee Freies Deutschland" in der UdSSR angeschlossen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam er in die DDR. Von 1953 bis zu seinem Tod am 1. Februar 1957 wohnte er in Dresden in einer feudalen Villa im vornehmen Bezirk "Weißer Hirsch" samt einem Adjutanten der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Das Gebäude selbst wurde später Gästehaus der NVA.

Nach Meinung von Thomas Kübler, Archivdirektor der Stadt Dresden, wurde Paulus von der DDR als Vorzeigeperson benutzt - als Beispiel für eine Abkehr vom Faschismus und der Hinwendung zum Antifaschismus. Folglich spielte Paulus auch im öffentlichen Leben Ostdeutschlands während der 50er Jahre eine Rolle. Er sei Aushängeschild des Nationalrates der Nationalen Front, dem Zusammenschluss aller Parteien einschließlich der SED, gewesen, sagte Kübler.

Warum er von der DDR so hofiert wurde, begründet der Archivar damit, dass Paulus der einzige übrig gebliebene General der Wehrmacht war, der sich in den Dienst der antifaschistischen Ideologie gestellt habe.