Berlusconi will nicht mehr Premier, dafür Wirtschaftsminister werden,
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Rom. "Habemus Papam", verkündete Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi am Montag theatralisch, nachdem er sich nach wochenlangem Hick-Hack zu nächtlicher Stunde mit seinen früheren Koalitionspartnern von der Lega Nord auf eine Wahlallianz geeinigt hatte. Berlusconi und Lega-Chef Roberto Maroni unterzeichneten einen Pakt, wonach Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) Maroni bei dem Regionalwahlen in der Lombardei am 10. und 11. Februar unterstützt, wo dieser für das Amt des Regionalpräsidenten antritt. Die Lega wiederum wird gemeinsam mit der PdL bei den Parlamentswahlen am 24. und 25. Februar antreten, nachdem Berlusconi darauf verzichtet hat, künftig wieder Regierungschef zu werden. Berlusconi meinte, dass der Premier ohnehin keine Macht habe und er in einer künftigen Regierung gerne Wirtschaftsminister werden möchte. Über die Person des Regierungschefs sei nach Vorliegen der Wahlergebnisse zu entscheiden.
Allerdings sagte Berlusconi in Antwort auf die Forderung des früheren Ministers für die Vereinfachung der Gesetzgebung, Roberto Calderoli (Lega Nord), der einen jungen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs gefordert hatte, dass mit PdL-Parteichef Angelino Alfano (42) ohnehin ein geeigneter Kandidat zur Verfügung stehe, den er schon vor einiger Zeit ausgewählt habe.
Die Verhandlungen zwischen PdL und Lega Nord hatten sich seit Wochen hingezogen, nachdem die Lega unmissverständlich klargemacht hatte, dass es mit einem Premierskandidaten Berlusconi kein Bündnis für die Parlamentswahlen geben werde. Berlusconi hatte der Lega im Gegenzug damit gedroht, dass die PdL in der Lombardei Maroni nicht unterstützen werde, wenn es nicht im Gegenzug zu einer Allianz für die Parlamentswahlen kommt. Außerdem hatte Berlusconi der Lega in Aussicht gestellt, dass man die regionalen Bündnisse in Venetien und in Piemont aufkündigen werde, wenn eine Allianz auf nationaler Ebene nicht zustande kommen sollte.
Auch in Zeiten, wo Berlusconis Partei in den Umfragen besser lag als heute, hatte sie ohne ein Bündnis mit der Lega Nord nie Chancen auf eine parlamentarische Mehrheit.
In der Lombardei sorgte in den letzten Tagen aber auch die Kandidatur des ehemaligen Mailänder Bürgermeisters Gabriele Albertini für das Amt des Regionalpräsidenten für große Verärgerung bei PdL und Lega Nord. Albertini, der aus Berlusconis früherer Partei Forza Italia kommt, war von 1997 bis 2006 Bürgermeister von Mailand und ist seit 2004 Europa-Abgeordneter der Berlusconi-Partei. Seine Kandidatur wird vom scheidenden Premierminister Mario Monti unterstützt.
Berlusconi spottete über seinen Nachfolger, der ihn enttäuscht habe: "Monti ist als Politisierer angetreten und jetzt schleppt er zwei alte politische Persönlichkeiten hinterher, Fini und Casini - ein Unglückstrio."
Pier Ferdinando Casini, Chef der christdemokratischen Zentrumsunion (UDC), war als Berlusconi-Verbündeter Parlamentspräsident, Fini ist es nach der Abspaltung seiner neuen Partei (FLI - Zukunft und Freiheit für Italien) immer noch.
Kritik in Montis Lager wegen versäumter Chance
Monti hatte knapp vor dem Jahreswechsel unter anderem mit diesen beiden Parteien ein Bündnis für die Parlamentswahlen abgeschlossen. Für den Senat treten diese Gruppen mit einer gemeinsamen Liste an, in der zweiten Parlamentskammer, dem Abgeordnetenhaus, aber getrennt mit einem Wahlbündnis, obwohl Monti auch in diesem Fall eine gemeinsame Liste angestrebt hatte. Er war aber an seinen Koalitionspartnern mit diesem Wunsch gescheitert, die auf ihre Listen nicht verzichten wollten und zudem befürchteten, viele ihrer Leute nicht mehr auf den Kandidatenlisten unterzubringen. Nicht zuletzt, weil Monti angekündigt hatte, er wolle neue Gesichter, die nicht aus dem Politestablishment kommen ins Parlament bringen.
Corrado Passera, der als Superminister für wirtschaftliche Entwicklung, Infrastruktur und Verkehr in der Regierung Monti eine Vorzugsstellung innehatte und als eine der führenden Kräfte der sogenannten Zivilgesellschaft galt, die auf ein Antreten Montis bei den kommenden Wahlen gedrängt hatte, zeigte sich in einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" enttäuscht über eine "versäumte Gelegenheit". Er habe bis zu der entscheidenden Sitzung am 28. Dezember an das Projekt einer einheitlichen Liste von Monti in beiden Parlamentskammern geglaubt und sei auch zu einer Kandidatur bereit gewesen. Die jetzt gefundene Lösung sei zu sehr von der alten Logik der Parteiflügel geprägt, kritisierte Passera, der Monti im Wahlkampf aber unterstützen will, ohne später ein neues politisches Amt anzustreben.
Montis Bündnis, das vor seinem endgültigen Zustandekommen in Umfragen Chancen auf bis zu 20 Prozent der Wählerstimmen eingeräumt wurden, liegt derzeit bei etwa 15 Prozent und wurde in der Zwischenzeit wieder von Berlusconis Partei überholt, die sich mit großem Abstand wieder hinter der Demokratischen Partei (PD) von Pier Luigi Bersani auf Platz zwei positionieren konnte. Die PD liegt derzeit in Umfragen bei rund 33 Prozent, die PDL bei 16 bis 17 Prozent.
Rückgang für Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung
Auf dem absteigenden Ast befindet sich hingegen die Fünf-Sterne-Bewegung des populistischen Komikers Beppe Grillo, die in dem Umfragen von 20 auf 11 bis 14 Prozent zurückgefallen ist.