Der Name Mitt Romney ist im Reich der Mitte nur mäßig geläufig.
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Peking."US-Politiker sollten, egal von welcher Partei sie kommen, die Entwicklung Chinas auf objektive und rationale Weise betrachten." Es waren eher halbherzige Floskeln, mit denen Hong Lei, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, das finale TV-Duell zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney kommentierte. Dabei war die neue Wirtschaftsmacht zum ersten Mal Thema einer US-Präsidentschaftsdebatte, und beide Kandidaten erkannten in China einen Konkurrenten für die USA.
Allerdings: Das von den chinesischen Medien im Vorfeld befürchtete China-Bashing blieb aus, insbesondere Romney relativierte die Schärfe seiner bisherigen Angriffe und gab sich staatsmännisch: "Wir können gute Partner sein, wenn sich China an die internationalen Regeln hält." Das chinesische Staatsfernsehen zog nach der Debatte zunächst ein wohlwollendes Resümee und insgesamt waren die Reaktionen in der Öffentlichkeit eher stolz als empört. Allerdings wurde die Diskussion nur während der ersten Minuten live übertragen, dann schalteten CCTV und das regierungsnahe Hongkonger "Phönix-TV" ab - denn der Wahlkampf in den USA spielt in den chinesischen Medien höchstens eine Nebenrolle.
Ungeliebter Romney
Nur zwei Tage nach den US-Wahlen geht mit dem lang erwarteten Parteitag am 8. November der Generationenwechsel in Peking über die Bühne. Über diesen wird nach wie vor der Mantel des Schweigens gehüllt, in den Zeitungen werden Andeutungen über eine wichtige Änderung im Parteistatut gemacht, doch das Wort "Machtwechsel" sucht man vergeblich. In diesem geheimniskrämerischen Umfeld will man der eigenen Bevölkerung den kontrovers geführten Wahlkampf in den USA offensichtlich nicht zumuten. So kommt es, dass speziell der Name Mitt Romney in China bestenfalls mäßig geläufig ist. Unter jenen, die ihn kennen, genießt er ein denkbar schlechtes Image - was wenig überraschend ist, denn vor der TV-Debatte gab der Republikaner den Scharfmacher, der China am ersten Tag seiner Präsidentschaft als "Währungsmanipulator" brandmarken würde und das Land beschuldigte, Computer zu hacken, Technologie zu stehlen und den Amerikanern Arbeitsplätze wegzunehmen.
Obama hingegen hatte zu Beginn seiner Amtszeit in der Wahrnehmung vieler Chinesen ein ähnliches Image wie Apple: cool, erfolgreich und irgendwie anders. Als Knack- und Wendepunkt gilt die Weltklimakonferenz Ende 2009 in Kopenhagen, als die Chinesen demonstrativ hinter den Rücken der USA pokerten. Obama zeigte sich persönlich enttäuscht und erkannte die Grenzen der Kooperation mit China. Seitdem weht ein anderer Wind, der sich unter anderem auch in der neuen Pazifik-Strategie der USA ausdrückt. Und das wiederum kommt bei den Chinesen nicht gut an, denen es vor allem darum geht, dass sich der nächste US-Präsident aus den Territorialkonflikten rund um Inseln und Rohstoffe im Ost- und Südchinesischen Meer heraushält.
Doch im Endeffekt steht für beide Seiten zu viel auf dem Spiel, als dass sie sich auf eine weitere Verschärfung oder gar einen Handelskrieg einlassen würden. Dementsprechend pragmatisch gab sich US-Außenministerin in einer Grußbotschaft zum chinesischen Nationalfeiertag: "China ist gut für Amerika und ein florierendes Amerika ist gut für China."