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Einkommensteuer: Spitzensätze steigen weltweit um 0,3 Prozentpunkte. | Österreich liegt mit 50 Prozent ganz weit vorne. | Größte Steigerung - 10 Prozentpunkte - für die Briten. | Wien. Topverdiener werden weltweit wieder stärker geschröpft: Sieben Jahre lang sind die Steuersätze auf Spitzeneinkommen tendenziell gesunken. Noch im Krisenjahr 2009 ging die durchschnittliche Höchststeuer um 0,3 Prozentpunkte zurück. Jetzt hat sich dieser Trend umgekehrt. | EU will Steuerpolitiken künftig besser abstimmen | Dieselprivileg für Reichere?
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Für 2010 zeichne sich erstmals wieder ein Ansteigen der Spitzensteuersätze um durchschnittlich 0,3 Punkte ab, ergibt eine Studie des Beratungsunternehmens KPMG International.
Die Erklärung liegt auf der Hand: In weiten Teilen der Welt müssen die Regierungen den extrem hohen Defiziten und Staatsschulden zu Leibe rücken - viele tun das unter anderem mit höheren Einkommensteuern. Das ist ein heikler Balance-Akt, warnen die KPMG-Analysten: Besonders Menschen mit hohen Einkommen seien nämlich äußerst mobil - und würden durch hohe Steuern rasch in die Flucht geschlagen.
Krisenländer heben an
Besonders deutlich ist die fiskalische Schubumkehr in Westeuropa. Vor in jenen Ländern, die besonders unter der Finanzkrise gelitten haben, werden Spitzenverdiener vermehrt zur Kasse gebeten. Den Vogel schießt Großbritannien ab: Die Briten hoben ihren höchsten Steuersatz binnen eines Jahres um 10 Prozentpunkte (von 40 auf 50 Prozent) an. Der Schuss könnte nach hinten losgehen: Finanzzentren wie die Schweiz, Hongkong und Singapur würden für wohlhabende Briten steuerlich um einiges attraktiver, schreibt KPMG.
Kräftig zurückrudern musste auch Island: Der von einer Bankenkrise massiv getroffene Inselstaat schaffte seinen Einheitssteuersatz wieder ab. Statt der bisherigen Flat tax gilt seit Anfang 2010 wieder ein Dreistufen-Modell mit maximal 46 Prozent - ein Plus von 9 Prozentpunkten.
Kaum minder groß sind die Probleme der irischen Banken. Verglichen damit fiel die Besteuerung der irischen Großeinkommen mit einem zusätzlichen Prozentpunkt noch gering aus.
Von den nordwestlichen zu den südlichen Problemstaaten: Griechenland (plus 5 Punkte) und Portugal (plus 3 Punkte) kamen ebenfalls nicht an höheren Einkommensteuern vorbei. Frankreich verlangt seinen Spitzenverdienern neuerdings um einen Prozentpunkt mehr ab.
Schweden hält Laterne
Vereinzelt, aber doch gibt es sogar die gegenläufige Tendenz: Länder, die ihre Einkommensteuer senken und hoffen, den Konsum zu beleben und die Wirtschaft anzukurbeln. Allen voran senkte Dänemark seinen Spitzensatz um fast 7 Prozentpunkte - allerdings ausgehend von rekordträchtigen 62,3 Prozent. Durch die Steuerreform konnten die Dänen die Laterne des höchsten Spitzensteuersatzes an Schweden weiterreichen. Kroatien reduzierte die Spitzensteuersätze im Juli um 5 Prozentpunkte.
In Österreich sind höhere Einkommensteuern bisher kein Thema: Dafür fehlt auch der Spielraum, sagt KPMG-Geschäftsführerin Barbara Polster-Grüll. Unseren Höchststeuersatz von 50 Prozent übertreffen nur noch Schweden, Dänemark und die Niederlande.
Völlig anders als in Westeuropa werden Einkommen in Osteuropa besteuert, wo es in vielen Ländern einheitliche Sätze ("Flat tax") gibt. Steuergesetzgebung wird als Wettbewerbsfaktor gesehen, sagt Rudolf Krickl, Steuerexperte von PricewaterhouseCoopers. So lockt Bulgarien mit durchgängig 10 Prozent. Rumänien musste die Mehrwertsteuer anheben, behält aber die 16-Prozent-Steuer für Einkommen bei. Auch Slowakei und Tschechien werben mit Einheitssätzen.
Das bringt Ungarn in eine schwierige Lage. Die Regierung in Budapest plant nun ebenfalls eine Flat tax, um für ausländische Unternehmen und Mitarbeiter attraktiver zu sein. Die Probleme lägen freilich woanders, so Krickl: "Ungarn ist im Hintertreffen, weil der administrative Aufwand hoch und das Personal verglichen mit Bulgarien, Rumänien oder der Ukraine nicht mehr billig ist." Eine niedrigere Einkommensteuer alleine reiche nicht aus, um Leistungsträger anzulocken: "Dazu braucht es attraktive Unternehmen und ein passendes Umfeld."
Flat tax für Österreich?
Auch in Österreich gibt es Stimmen, die eine Einheitssteuer fordern. Krickl hat Zweifel, ob das angebracht wäre. Eine Flat tax passe schlecht zum heimischen Sozialstaats-Gedanken. Bei uns würden mit Steuern überdies politische Lenkungseffekte beabsichtigt, auf die eine Flat tax verzichte. Wichtiger wäre es deshalb, den maximalen Steuersatz zu senken: "Hochsteuerländer wie Österreich sollten die Spitzensätze nicht überziehen."
Läge dieser bei 35 Prozent, würde wohl kein Topverdiener über Steuerflucht nachdenken, vermutet Krickl. Auch die Einkommensschwelle, ab welcher die Höchststeuer gilt, sollte angehoben werden.