Fuhrpark wird sukzessive erneuert. | Bahn will Service für ihre Fahrgäste verbessern. | Nahverkehr auch von Geschäftsleuten genutzt. | "Wiener Zeitung:" Frau Vorstand Lutter, Sie sind seit Dezember 2007 mit der Leitung des Nahverkehrs in den ÖBB (Österreichischen Bundesbahnen) betraut, welche Pläne haben Sie?
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Lutter: Ich will die Menschen überzeugen, auf die Bahn umzusteigen - vor allem durch modernes Wagenmaterial und mehr Service. 2007 wurden im Nahverkehr 25 Prozent mehr Zugkilometer mit neuem Wagenmaterial zurückgelegt. Die Nutzung des alten Materials ging um 12 Prozent zurück.
Wie sieht es Ende 2008 mit dem neuen Wagenmaterial aus?
Die alten Schlieren-Waggons bauen wir sukzessive auf 107 ab, Ende 2007 waren es rund 260. Bei den Talent-Garnituren werden wir von 156 auf 171 aufstocken, beim Desiro - das sind die neuen Diesel-Garnituren - von 41 auf 60. Die Doppelstockwagen werden auf 302 Stück erhöht, vergangenes Jahr hatten wir 253 Doppelstockwagen im Einsatz. Die S-Bahnen vom Typ 4020, die City-Shuttles und unsere Schienenbusse mit der Bezeichnung 5047/5147 bleiben bei der Stückzahl gleich. Insgesamt heißt das: Wir fahren mit noch mehr neuem Material.
Was sagen Sie zu den Beschwerden von Pendlern? Viele kritisieren die neu angeschafften Talent-Züge.
Die Pendler sind ihr Wagenmaterial, mit dem sie früher unterwegs waren, gewöhnt und benötigen eine Umstellungszeit. Ich bin mir sicher, dass sie in Zukunft in Summe viel zufriedener sein werden. Die Kritik hängt mit den Sitzgelegenheiten in den Waggons zusammen, die viele als zu hart empfinden. Ich denke, ab rund einer Dreiviertel-Stunde Sitzen beginnen die Probleme. Die neuen Lieferungen der Züge sind auf jeden Fall schon mit den weicheren Sesseln ausgestattet.
Wie kann der ÖBB-Nahverkehr die Servicequalität steigern?
Ich möchte die Information der Bahnkunden verbessern. Wenn Züge verspätet sind oder ausfallen, müssen die Bahnfahrer das sofort erfahren, damit sie umdisponieren können. Vor allem die Lautsprecher-Durchsagen und die elektronischen Zugzielanzeigen müssen besser werden. Im Moment arbeiten wir gemeinsam mit der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG an der Umsetzung.
Welche weiteren Verbesserungen im Nahverkehr sind geplant?
Die ÖBB gehen davon aus, dass die Basisinvestitionen steigen, das heißt, dass mehr Geld für die Verbesserung von bestehenden Strecken da ist. Die zusätzlichen Mittel können dazu eingesetzt werden, um etwa Langsamfahrstellen zu beseitigen oder Park&Ride-Einrichtungen zu bauen. Weiters arbeiten wir bereits intensiv am Plan 912, mit dem wir schrittweise ab 2009 einen Taktfahrplan umsetzen. Die ÖBB arbeiten beim Plan 912 an einer kompletten Neuplanung des Fahrplanangebotes für Schiene und Postbus.
Was heißt das ganz genau, Plan 912?
Bereits mit dem letzten Fahrplanwechsel haben wir die ersten Schritte von Plan 912 umgesetzt, mit dem Fahrplan 2012 gibt es einen echten Taktfahrplan. Im Moment sind wir dabei, die Knoten aufeinander abzustimmen, wo die Bahnreisenden zwischen Nahverkehr und Fernverkehr umsteigen. Bei den Zwischenschritten kommt es zu einer Verkürzung der Umsteigezeiten.
Wie haben sich die Aktionstickets bewährt?
Das Einfach-Raus-Ticket wurde sehr gut angenommen. Bis zu fünf Personen können dabei im Nahverkehr um 28 Euro fahren. Dieses Nahverkehrs-Ticket wurde im März 2007 eingeführt, und wir haben im vergangenen Jahr vom Einfach-Raus-Ticket 59.000 Stück verkauft. Sehr viele - laut einer Umfrage rund 40 Prozent der Einfach-Raus-Kunden - sind neue Kunden.
Gibt es eigentlich Daten, wer Ihre Kunden im Nahverkehr sind?
Die beiden größten Gruppen im Nahverkehr sind Schüler und Studenten mit 35 Prozent sowie Berufspendler mit 30 Prozent. Zwölf Prozent fahren in ihrer Freizeit Bahn, acht Prozent im Urlaub, fünf Prozent sind Geschäftsreisende. Diese Daten stammen aus dem September 2007.
Es gab auch Kritik wegen Doppelgleisigkeiten bei Schiene und Bus …
Die Abstimmung zwischen Bus und Schiene ist sehr wichtig - bereits beim letzten Fahrplanwechsel haben wir mehr als 600 neue Bus-Schiene-Anschlüsse geschaffen. Ich sehe das als Ergänzung. Wo die Schiene wirtschaftlich nicht effizient ist, ist der Bus eine gute Alternative. Wir haben auch Busse eingeführt, die auf Knopfdruck gerufen werden. Derzeit gibt es österreichweit 15 Rufbus-Haltestellen, etwa in Zwettl in Niederösterreich.
ÖBB-Managerin Lutter
Die gebürtige Wienerin Gabriele Lutter (45) war nach Abschluss ihres Wirtschaftsinformatikstudiums von 1987 bis 1996 in der Generaldirektion der ÖBB in Wien tätig, davon fünf Jahre direkt bei Generaldirektor Heinrich Übleis. Danach wechselte sie in das damalige Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, wo sie im Ministerbüro unter anderem für Verkehrspolitik und die ÖBB verantwortlich zeichnete. Zuletzt war Lutter beim Schienenregulator Schienen-Control. Per Dezember 2007 wurde sie in den Vorstand der ÖBB Personenverkehr AG berufen und ist für den Nahverkehr zuständig.