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Pensionen: Slowakei rudert zurück

Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki

Wirtschaft

Zu hohes Defizit der staatlichen Sozialversicherung. | Binnen vier Jahren zwei Systemwechsel. | Pressburg.


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Im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt vor drei Jahren war das slowakische Rentensystem - nach chilenischem Vorbild - grundlegend reformiert worden. Im Jahr 2004 wurden zusätzlich zur staatlichen Rente die zweite Säule der Pensionsfonds und die Möglichkeit der Altersvorsorge über eine Lebensversicherung eingeführt. Ziel des Gesetzesvorhabens war, den Fiskus vom Großteil der Rentenzahlungen zu entlasten; auf lange Sicht sollte der Staat nur noch zur Zahlung einer Grundrente verpflichtet sein. Seit 2005 sind die meisten slowakischen Erwerbstätigen zur Einzahlung in Pensionsfonds verpflichtet.

Die Pensionsreform, die noch von dem früheren Sozialminister Ludovít Kaník veranlasst worden war, war nie unumstritten, wenngleich in verschiedenen Phasen aus unterschiedlichen Gründen. Zunächst hatte sie als politischer Zankapfel gedient, mit dem sich die Minderheitsregierung von Mikulás Dzurinda durch die Opposition unter Druck setzen ließ, die die Pensionsreform nur zu gern als "Höhepunkt und brutalstes Zeugnis der sozialen Ignoranz" der Dzurinda-Regierung brandmarkte. Nur ein gutes Jahr nach ihrer Verabschiedung waren dann bereits tatsächliche Schwachpunkte offenkundig geworden, weil sich herausgestellt hatte, dass so genannte Besserverdienende vom neuen System unverhältnismäßig profitierten. Insgesamt gelten die einschlägigen Gesetze als inhaltlich unausgegoren und wenig sorgfältig formuliert.

Nunmehr plagt sich die staatliche Sozialversicherung, die nach dem obligatorischen Umstieg vieler Erwerbstätiger auf die zweite Säule mit deutlich weniger Geld als früher auskommen muss, nach Angaben von Ministerin Tomanová mit einem "erheblichen" Defizit, dem eben mit der Abkehr zahlreicher Versicherter von den Pensionsfonds abgeholfen werden soll.

Verwirrung ist groß

Die Verwirrung unter den künftigen slowakischen Pensionisten ist verständlicherweise groß. Zwei Systemwechsel in knapp vier Jahren sind für die meisten von ihnen zu viel. Immerhin hat Premier Fico zugesichert, dass niemand zum Ausstieg aus den Pensionsfonds gezwungen werden solle.

Trotzdem wird sich der Ministerpräsident schwer tun, der Öffentlichkeit die Gesetzesnovelle schmackhaft zu machen. In jedem Fall soll es nämlich künftig keine Begrenzung der Bemessungsgrundlage für die Abgaben zur Sozialversicherung nach oben hin mehr geben; dank dieser Höchstgrenze wurden Besserverdienende, konkret Menschen mit einem Verdienst, der das Dreifache eines monatlichen Durchschnittslohns beträgt - der Durchschnittslohn liegt zurzeit bei umgerechnet gut 500 Euro brutto -, bisher nicht übermäßig belastet. Die so genannten Besserverdienenden sind vor allem bei ausländischen Investoren beschäftigt.

Wegen der künftig höheren Sozialabgaben relativieren sich auch die Vorteile der slowakischen Einheitssteuer von 19 Prozent, die nach wie vor viele Investoren anlockt. Fairerweise ist allerdings zu ergänzen, dass die Sozialabgaben in der Slowakei schon immer vergleichsweise hoch waren.

Einen Vorgeschmack auf die geplante Erhöhung der Abgaben zur Sozialversicherung liefern übrigens die jüngsten Neuregelungen für Gewerbetreibende. Diese mussten erstmals zum 30. Juni ihre Steuererklärung bei der Sozialversicherung vorlegen, damit dort geklärt werden konnte, ob sie nunmehr sozialversicherungspflichtig sind.