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Felderer: Sechs Jahre länger arbeiten. | Demografie ist eine Zeitbombe. | Schulungen satt Invaliditätspension. | Wien. Das Institut für höhere Studien (IHS) warnt vor einer langfristigen Unfinanzierbarkeit des Pensionssystems. Als Lösung schlagen IHS-Direktor Bernhard Felderer und IHS-Pensionsexperte Ulrich Schuh das Ende aller vorzeitigen Pensionsmöglichkeiten und die Anhebung des Pensionsantrittsalters vor.
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IHS und Wirtschaftsforschungsinstitut haben im November der Pensionskommission Berechnungen vorgelegt, die einen massiven Anstieg der staatlichen Ausgaben auswiesen. So würden die Gesamtausagaben in der Pensionsversicherung von 11,2 Protzent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2009 auf 15 Prozent bis zum Jahr 2050 ansteigen. Der Bundeszuschuss würde sich demnach von 2,8 Prozent auf 6 Prozent mehr als verdoppeln. Diese Prognosen wurden von Teilen der Kommission und von Sozialminister Rudolf Hundstorfer als übertrieben empfunden, weshalb die Kommission ihre Empfehlungen auf Frühjahr 2011 verschoben hat und neue Berechnungen verlangte. Das IHS bleibt aber dabei: Die Annahmen seien richtig gewesen.
Laut Gesetz soll der Mehraufwand für Pensionen "gleichmäßig" auf fünf Parameter verteilt werden: Beitragssatz, Kontoprozentsatz (Höhe der Neupensionen), Anfallsalter, Pensionsanpassung und Bundesbeitrag.
Vor dem Hintergrund, dass die Pensionskommission im März sehr wahrscheinlich empfehlen wird, den Beitragssatz anzuheben und den Bundeszuschuss zu erhöhen, warnte Schuh davor, das Problem einnahmenseitig zu lösen. Eine Erhöhung des Beitragssatzes um 2 Prozentpunkte von derzeit 22,8 Prozent auf 24,8 Prozent im Jahr 2050 würde die Arbeitslosigkeit um einen Prozentpunkt ansteigen lassen und das BIP-Wachstum um einen Prozentpunkt dämpfen. Die Lösung müsste ausgabenseitig erfolgen.
"Die Österreicher sind nicht faul, sie sind nur vernünftig", sagte Felderer. Es wäre dumm, würde jemand, der in Pension gehen kann, dies nicht tun. Vielmehr sei der Gesetzgeber gefordert, die vielen Schlupflöcher zu stopfen.
Pensionsalter seit2002 unverändert
Männer gehen im Durchschnitt mit 59 Jahren, Frauen mit 57 Jahren in Pension. "Ab einem Alter von 60 Jahren ist kaum noch ein Mann auf dem Arbeitsmarkt", kritisiert Schuh. Der "einzige Ausweg" wäre die Anhebung des Pensionsalters: Fünf bis sechs Jahre mehr in den nächsten 15 Jahren würde die Probleme weitgehend lösen, meint Felderer. Die beiden Experten warnen vor allem deshalb so eindringlich, weil die Zahl der 55- bis 65-Jährigen durch die Babyboomer rasch ansteigen wird. 2010 sind 1 Million in dieser Gruppe, 2020 werden es schon 1,3 Millionen sein. "Für das Pensionssystem stellt dieser Zuwachs eine tickende Zeitbombe dar", sagt Schuh.
Aus für Hackler- und Schwerarbeiterregelung
Die Hacklerregelung sollte ab 2014 gestrichen werden, ebenso die Schwerarbeiterpension. Die Invaliditätspension sollte aus dem Pensionssystem herausgenommen werden. 31 Prozent der Pensionsneuzugänge sind im Bereich der Invaliditätspension. Das IHS schlägt vor, diese Gruppe aus dem Pensionssystem herauszunehmen und dem Arbeitsmarktservice zuzuführen. Natürlich, so Felderer, könnten Bauarbeiter, Fernfahrer oder Möbelpacker ihrem Beruf nicht bis zum Pensionsalter nachgehen, sie könnten aber umgeschult werden.
Auch ÖVP-Seniorenbund-Obmann Andreas Khol und die Junge Industrie haben sich für ein Ende der Hacklerregelung ausgesprochen. wurden dafür aber vom ÖAAB scharf kritisiert.
Die Entscheidung über die Schwerarbeiterpension dürfte im VfGH frühestens in einem Jahr fallen. Aber schon jetzt gibt es Vorschläge. Zuletzt hat Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein von den Unternehmen höhere Beiträge für Schwerarbeiter angeregt. WKO-Präsident Christoph Leitl sagte, die Wirtschaft habe sich noch nie verschlossen, höhere Beiträge könnten aber nicht am Beginn der Debatte stehen.