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Pensionsantritt aus Frustration - und nicht weil das Dolce Vita lockt

Von Brigitte Pechar

Analysen

Die Pensionskommission konnte sich zuletzt auf keine Empfehlungen an die Regierung einigen. Einzig ein Appell, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, konnte gefasst werden. | Dass daran tatsächlich gearbeitet wird, zeigt der bekannt gewordene Zwischenbericht der Sozialpartner an den Sozialminister, wie dieses Ziel erreicht werden könnte. Allerdings sieht dieser nur wenig spektakuläre Maßnahmen vor und schon gar keine Pönalen für Unternehmen, die sich von älteren Arbeitnehmern trennen.


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Die Hälfte derer, die vorzeitig in Pension gehen, geht unfreiwillig. Immerhin fliehen 50 Prozent. Dahinter steckt nicht nur die Sehnsucht nach dem süßen Nichtstun, sondern auch der Umgang in den Unternehmen mit älteren Arbeitnehmern. Man wirft ihnen vor, sie wären zu teuer, erbrächten die Leistung nicht, wären zu häufig krank. An dieser Stelle ist anzumerken, dass Österreichs Unternehmen durch eine ganz schlechte Unternehmenskultur geprägt sind - Teamarbeit ist in weiten Teilen ein Fremdwort und die Wertschätzung fehlt oft völlig. Es gibt keine Feed-back-Kultur und keine Gesprächskultur.

Das alles führt schließlich dazu, dass die Älteren froh sind, den Ort der täglichen Geringschätzung noch vor der Zeit verlassen zu können. Die OECD etwa bestätigt in ihrem jüngsten Bericht "Pensions at a Glance", dass die österreichische Bevölkerung im Alter von 45 Jahren die gesündeste unter den Industriestaaten ist, mit 55 aber plötzlich zur kränksten mutiert. Was bitte passiert in diesen zehn Jahren? Österreich ist Weltspitze bei Frühpensionierungen aufgrund psychischer Erkrankungen. Müssen tatsächlich so viele Menschen an Burnout leiden? Übrigens eine Krankheit, die zu einem Gutteil auf mangelnder Anerkennung fußt.

Das österreichische Pensionssystem hätte auch beim Eintritt der Babyboomer ab 2020 kein Problem, hätten wir nicht so viele Früh- und Invaliditätspensionisten. Von den 1,7 Millionen Pensionsbeziehern sind etwa ein Viertel I-Pensionisten. Bei den Pensionseintritten 2010 machten sie bereits ein Drittel aus.

Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter liegt bei 58 Jahren, jenes aller Pensionisten (ohne I-Pensionisten) ist bei Männern 62,6, bei Frauen 59,3. Männliche I-Pensionisten gehen im Schnitt mit 53,5, Frauen mit 50,1 in Rente.

Bedenkt man, dass die Anhebung des durchschnittlichen Pensionsalters eine Milliarde Euro weniger Ausgaben bedeutet, wäre es ein schönes Ziel, vor allem die I-Pensionisten zu verringern. Vielleicht auch mit gezielten Unternehmensführungstrainings - damit die Kreativität und das Engagement der Arbeitnehmer bis zum Schluss erhalten bleiben.