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Pensionskassen-System: EU will Karten neu mischen

Von Stefan Melichar

Europaarchiv
Auf Expertenebene gibt es kritische Töne, was Rentenmodelle betrifft, bei denen Pensionisten das ganze Risiko tragen. Foto: bbox

Gespräche über Richtlinie für private Zusatzpensionen. | Experten: Rentner sollen künftig besser abgesichert werden. | Wien. Die Strategie klingt simpel: Firmen, die sich nicht länger mit den Betriebspensionen ihrer Mitarbeiter belasten wollen, lagern die Rentenansprüche an Pensionskassen aus. Da mit kräftigen Veranlagungserfolgen gerechnet wird, müssen die Unternehmen vergleichsweise wenig Kapital übertragen. Verfehlen die Kassen dann die Performance-Ziele, sind die Arbeitgeber aus dem Schneider: Das Risiko tragen die betroffenen - aktuellen und zukünftigen - Pensionisten.


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Die Finanzkrise hat nicht nur in Österreich einige Schwächen des privaten Pensionskassen-Systems überdeutlich hervorgekehrt. Experten zufolge dürfte die Angelegenheit auch weit oben auf der Agenda der neuen EU-Kommission stehen. Im Jahr 2005 habe es eine erste Richtlinie zu diesem Thema gegeben, diese sei allerdings sehr allgemein gehalten gewesen, so Philip Shier, Vorsitzender des Pensionskomitees der europäischen Aktuarsvereinigung (GCAE). Die Versicherungsmathematiker wollen sich nun bei einer allfälligen Neugestaltung verstärkt ins Spiel bringen.

Neue Lastenverteilung

Chinu Patel von der Beratungsfirma Watson Wyatt, der den zuständigen GCAE-Arbeitskreis leitet, geht davon aus, dass die EU-Kommission die Lastenverteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern überdenkt. In einigen Ländern - etwa in Großbritannien - ist schon jetzt vorgesehen, dass Unternehmen ihrer Pensionskasse im Verlustfall zusätzliches Geld übertragen, damit das Risiko nicht alleine bei den Rentenbeziehern liegt.

In Österreich sind derartige Nachschussverpflichtungen selten. Patel zufolge könnte eine EU-weite Regelung einen Mittelweg vorsehen, der die Arbeitgeber nicht völlig aus der Verantwortung nimmt. Andernfalls müsste das Management einer Pensionskasse, die nicht mit Nachschüssen rechnen kann, besonders sicher veranlagen. Hohe Performance-Versprechen wären dann jedoch nicht angebracht. Außer Frage steht für den Experten, dass letztlich mehr Geld ins System kommen muss, um die Sicherheit zu erhöhen.

Vereinheitlichungen auf europäischer Ebene wären etwa bei den Vorschriften für das Risiko-Management von Pensionskassen möglich. Gerade bei der Veranlagungsstrategie würde oft ein klares Ziel fehlen, kritisiert Christoph Krischanitz, Chef der österreichischen Aktuarsvereinigung. Bis zur Implementierung einer neuen EU-Richtlinie dürften jedoch noch mehrere Jahre vergehen, so die Experten.