Mehrheit der Deutschen kann nicht privat vorsorgen. | Berlin (ap) Der Sozialminister sieht für künftige Rentner eine ganze Reihe von Möglichkeiten, ihr Einkommen aufzubessern. "Man kann es mit Balalaika-Spielen versuchen oder mit Lotto-Spielen", sinnierte Franz Müntefering. Wer sich darauf aber im Alter nicht verlassen wolle, für den bleibe heute nur eins: Sparen. "Wer den Wohlstand von heute erhalten will, der muss zusätzlich etwas zurücklegen", betonte der Vizekanzler am Mittwoch bei der Vorstellung seiner Berichte zur Alterssicherung.
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Darin wird eine Erkenntnis herausgestellt, die auch schon die frühere Rentenministerin Ulla Schmidt mit gezügeltem Nachdruck unter die Leute brachte. Um die gesetzliche Rente in den nächsten Jahrzehnten überhaupt bezahlbar zu halten, wird das Niveau stark gesenkt - und zwar so stark, dass man davon künftig nicht mehr unbedingt sorgenfrei leben kann. Nur erhebliche private Zusatzvorsorge kann dies ausgleichen.
Münteferings Alterssicherungsbericht unterstellt, dass dies getan wird, und kommt auf dieser Grundlage zu rosigen Aussichten. Das "Netto-Gesamtversorgungsniveau bleibt für Durchschnittsverdienende im Zeitverlauf nahezu unverändert", heißt es da. Für Geringverdienende werde es sogar ansteigen, weil sie auf ihre Renten weniger Steuern zahlen müssten. Nur die Besserverdienenden müssten sich wegen der künftig nachgelagerten Besteuerung der Renten auf Einbußen einstellen.
Die Realität allerdings, und das räumte auch Müntefering ein, dürfte anders aussehen. Denn der Bericht unterstellt, dass nicht nur jeder eine Riester-Rente anspart, sondern darüber hinaus noch weitere Privatversicherungen mit dem Geld füttert, das nach der schrittweisen Steuerfreistellung der Rentenbeiträge übrig bleibt. Wer tut das eigentlich?
Immerhin 5,6 Millionen Riester-Verträge gibt es inzwischen - ein starker Anstieg der am Anfang dümpelnden Zahlen. Aber es gibt nach Münteferings Worten 40 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter. Nach einer im Februar veröffentlichten Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge zahlt etwa jeder Vierte in staatlich geförderte private oder betriebliche Zusatzversicherungen ein. Sieben Prozent haben vor, in nächster Zeit damit zu beginnen.
Aber 70 Prozent der Befragten sagten, sie hätten das nicht vor. Die einen machen sich Illusionen über ihr Alterseinkommen, den anderen ist Riestern zu kompliziert. Doch immerhin ein Viertel derjenigen, die keinen Vertrag abschließen wollen, geben an, sie könnten sich das schlicht nicht leisten. Der FDP-Rentenexperte Heinrich Kolb jedenfalls liest aus diesen Zahlen jedenfalls bereits die "flächendeckende Altersarmut" von morgen heraus.