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Per Klick zum Kredit

Von Matthias Nagl

Wirtschaft
Über eine einzige Taste geht es zwar noch nicht, aber Bankless-life.at will den Weg zum Kredit erheblich vereinfachen. Rechtliche Bedenken bestehen jedoch. Foto: bb

Internetplattform sieht sich gegenüber Banken im Vorteil. | Rechtliche Fragen noch ungeklärt. | Wien. "Steven" will seine Praxis sanieren, "Franz Josef" ein neues Auto kaufen, und "fridus71" das Haus renovieren. Alle brauchen sie dafür einen Kredit, alle wollen sie nicht den von einer Bank, sondern aus dem Internet. Sie sind Vereinsmitglieder beim Verein "Von Menschen für Menschen" und nutzen dessen Plattform Bankless-life.at (Bankloses Leben, Anm.) um an Liquidität zu kommen. Ob die drei wirklich so heißen, sei dahingestellt: Pseudonyme sind im Internet gebräuchlich - und der Verein setzt auf Anonymität.


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Sie wendeten sich an die Plattform, die das Geschäftsmodell der "Peer-to-Peer-Kredite" auch nach Österreich bringen will. Dabei vernetzt eine Homepage Privatpersonen, auf der einen Seite Kreditsuchende, auf der anderen Anleger. Ein Kreditnehmer stellt sein Investitionsprojekt vor, schlägt einen Zinssatz vor und weist dem Verein Identität und Einkünfte nach.

Zudem wird die Bonität des Kreditnehmers geprüft, die dann auch für potenzielle Investoren im Gegensatz zu den persönlichen Daten ersichtlich ist. Die Anleger entscheiden, in welche Projekte sie investieren.

Bankless-life.at sieht den Vorteil gegenüber dem herkömmlichen Bankgeschäft für alle Beteiligten im Wegfall der Spanne zwischen Einlagen- und Kreditzinsen. Kann der Schuldner seine Rate nicht mehr bedienen, bekommt der Anleger sein Geld aus einem Sicherungspool. Dieser wird durch eine Gebühr, die zwei Prozent der Kreditsumme beträgt, gespeist.

Eine Anwaltskanzlei, mit der die Plattform zusammenarbeitet, verfolgt die Ansprüche der Anleger, erklärt Vereinsgründer und -obmann Siegfried Fischer. Es können höchstens Kredite über 30.000 Euro aufgenommen werden und höchstens 50.000 Euro investiert werden. "Wir wollen keine Geldwäsche", sagt Fischer. Der Verein ist nicht gewinnorientiert, die anfallenden Kosten werden aus Mitgliedsbeiträgen gedeckt, die monatlich fünf Euro ausmachen.

Bei Gewerblichkeit ist Konzession nötig

Die Idee der Peer-to-Peer-Kredite kommt aus dem anglo-amerikanischen Raum, die erste derartige Website entstand mit Zopa.com 2005 in Großbritannien, in Deutschland ist Smava.de, 2007 gegründet, die größte Plattform. Was diese Plattformen von Bankless-life.at unterscheidet, ist die Organisationsform. Smava.de ist eine GmbH und lässt die Kredite über eine Partnerbank laufen, damit die Anleger nicht selbst als Kreditgeber auftreten und mit einem Fuß in die Illegalität treten.

Bei Bankless-life.at sieht das etwas anders aus. Denn für die Kreditvermittlung ist eigentlich ein Gewerbeschein notwendig. Fischer argumentiert, dass das nicht notwendig sei, nachdem alles innerhalb eines Vereins passiert. Diese Ansicht wird bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) angezweifelt. Zudem könnte es auch für die Anleger Probleme geben. Wer gewerblich Kredite vergibt, also zumindest öfter als einmal, braucht dafür eigentlich eine Bankkonzession. Die Gewerblichkeit muss aber im Einzelfall geprüft werden. Erste Anfragen von Konsumenten und Kreditinstituten zu dieser neuen Form der Kreditvergabe trafen bei der FMA bereits ein.

Der Start der Plattform war jedenfalls erfolgreich, nach einem Monat gibt es bereits rund 2000 Mitglieder, die etwa 50.000 Euro bewegt haben. Das gelang ohne Werbung, sondern über Mund-zu-Mund-Propaganda. Vertreten sind alle Bevölkerungsschichten, erzählt Fischer: "Vom Hofrat bis zum Bauarbeiter ist alles dabei."