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Borko Milosavljević, Vertreter des Belgrader Bürgermeisters, im Gespräch über gemeinsame Projekte, mit denen der Donauraum gestärkt werden könnte.
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Bratislava. Der Donauraum zählt zu den ärmeren Regionen in der Europäischen Union. Um das Gebiet zu stärken und Wohlstand aufzubauen, wurde vor fünf Jahren die "EU-Strategie für den Donauraum" (EUSDR) ins Leben gerufen und durch den Europäischen Rat angenommen. In jährlichen Treffen setzen sich Vertreter der insgesamt 14 Länder (davon neun EU-Länder) zusammen, zuletzt in Bratislava unter dem Titel "Innovation fließt - Wasser, Wissen and Innovation in der Donauregion".
Kooperation, regionale Entwicklung und die Zusammenarbeit der Länder und Städte standen in der slowakischen Hauptstadt im Fokus. Am Ende der zweitägigen Veranstaltung gab es eine Diskussionsrunde mit den Bürgermeistern von Bratislava, Chisniau und Ulm. Der Belgrader Bürgermeister Siniša Mali wurde vertreten durch seinen Assistenten Borko Milosavljević. Er sprach mit der "Wiener Zeitung" am Rande des Treffens.
"Wiener Zeitung": Herr Milosavljević, die EU-Donauraumstrategie wurde ins Leben gerufen, um das Wirtschaftspotenzial und den Wohlstand entlang der Donau zu erhöhen. Wie viel spürt man davon bereits in Belgrad?
BorkoMilosavljević: Die Donau-Strategie ist sehr wesentlich für Belgrad. Unsere Entwicklungsstrategie basiert auf dem Potenzial der Donau. Wir werben dafür, mehr Projekte gemeinsam mit den Ländern und Städten des Donauraums umzusetzen.
In welchen Bereichen sollte es mehr gemeinsame Projekte geben?
Zum Beispiel im Tourismus. Es kommen immer mehr Touristen nach Europa. Das spüren wir auch in Belgrad, wo wir im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 24 Prozent erreicht haben. Das Potenzial ist aber noch lange nicht ausgeschöpft, wenn man etwa an den großen Tourismusmarkt China denkt. Es wäre daher wichtig, wenn wir zusammenarbeiten, um diesen Markt bestmöglich zu bedienen.
Wo könnten zum Beispiel Wien und Belgrad im Bereich Tourismus zusammenarbeiten?
Wir wollen eine Schiffsverbindung, ähnlich wie jene des Twin City Liners, der Wien mit Bratislava verbindet. Touristen, die nach Wien kommen, könnten mit dem Schiff die Donau entlangfahren und alle Städte an der Donau besuchen. Chinesische Touristen, wenn wir bei diesem Beispiel bleiben, könnten sich Wien ansehen und dann mit dem Schiff weiter nach Belgrad fahren.
Sie haben davon gesprochen, ein Businessforum ins Leben rufen zu wollen. Was hat es damit auf sich?
Das Businessforum soll als Vernetzungsplattform zwischen den Städten dienen. Wien und Belgrad würden etwa ihre Infrastrukturprojekte vorstellen. Dabei könnten wir unsere Unternehmen vernetzen für eventuelle Aufträge in anderen Städten. Und man würde von den Erfahrungen der anderen profitieren. Öffentlicher Transport, Licht, überall kann man etwas verbessern und von anderen Städten lernen. In einer informellen Arbeitsgruppe wäre es möglich, gegenseitig auch Feedback zu geben.
Eine Menge Infrastrukturprojekte sind derzeit in Belgrad geplant. Unter anderem der seit langem geplante U-Bahnbau. Wann ist es so weit?
Ende 2018 werden wir zu bauen beginnen. Neben der U-Bahn planen wir auch weitere Projekte, die insgesamt 10 Milliarden Euro kosten werden. Zwei Brücken, eine Kläranlage sowie Projekte im Energiesektor und im Straßenbau und natürlich das neue Stadtviertel Belgrade Waterfront am Ufer der Sava.
Wie werden die Projekte finanziert?
Wir haben verschiedene Finanzierungsmodelle. Zuerst Public-Private-Partnership (PPP), wie etwa bei der Kläranlage. Wir suchen einen privaten Partner und werden das Projekt gemeinsam entwickeln. Bei der U-Bahn versuchen wir noch, ein ideales Modell für die Finanzierung zu finden. Die Waterfront wird mithilfe von arabischen Investoren realisiert. Es ist eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa. Belgrad wird damit zu einem Zentrum in der Region werden.
Sie haben in Ihrer Rede zuvor die Bedeutung von Städten betont. Sie sagten, dass Städte mehr Macht bekommen sollten. Warum?
Städte sind die Motoren der Länder. Belgrad generiert zum Beispiel 40 Prozent des serbischen Bruttoinlandprodukts. Das zeigt, wie wichtig Belgrad für Serbien ist. Eine Stadt ist zudem immer flexibler, funktionsfähiger und internationaler, als ein Staat. Sie sind daher der Türöffner für bessere Beziehungen und Vernetzungen zwischen den Ländern. Wenn Wien und Belgrad eine gute Beziehung haben, dann wird es auch zwischen Österreich und Serbien bessere Beziehungen geben. Für Städte existieren keine Grenzen.
Keine Grenzen kennen auch viele junge, vor allem gebildete, Belgrader, die das Land in Scharen verlassen. Wie wollen Sie diesen Trend stoppen?
Es ist gut, dass die Jungen rausgehen und sich dort fortbilden. Gut wäre es dann, wenn sie wieder zurückkommen und das Know-how in Belgrad einsetzen. Wir versuchen, das Umfeld für Investoren speziell in der IT-Industrie zu verbessern. Die digitale Welt ist die Zukunft und wir wollen bereit sein.

Borko Milosavljević ist der Vertreter des Belgrader Bürgermeisters Siniša Mali. Er hat an der Fakultät in Niš Wirtschaftslehre und an der Wirtschaftsuniversität in Belgrad Bank- und Finanzmanagement studiert. Bis zur Ernennung zum Bürgermeistervertreter hat er als Geschäftsführer in der Belgrader Stadtverwaltung für die Preisentwicklung gearbeitet.