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Soeben brachte die Wiener Wirtschaftstreuhänderin und Steuerberaterin Christine Hapala - übrigens auch Gordon-Trainerin, Mediatorin und überhaupt eine der eifrigsten Networkerinnen, die ich kenne - "Businesstipps" heraus und wagte den provokanten Untertitel: "schamlos professionell - unverschämt erfolgreich". Unter den zusätzlich mitwirkenden "49 schamlos Erfolgreichen", die an dem Buch mitschrieben, bin auch ich - und so fiel mir die Ehre zu, bei der Buchpräsentation die ersten einführenden Worte zu sprechen.
Einführungen
Einführung ist bekanntlich ein mehrdeutiges Wort: man kann jemand in einen Club einführen oder in eine Kunst... und über weitere Möglichkeiten schweige ich mich vorerst mal schamhaft aus. Hapalas Buch - im Format an ihren beliebten "Gründungsleitfaden für Künstlerinnen" angeglichen - zieht schon mit dem flammend roten Titelbild - einem Ausschnitt aus Hans Adams Riesenbild "Supernova" - Aufmerksamkeit auf sich. Passend dazu der Beitrag von Fleur Wöss: "In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst!"
Und damit sind wir schon bei der in unserem Kulturkreis üblichen Tradition, Feuer eher auszudämpfen als anzufachen - vom Feuer der "zündenden" Idee angefangen bis zur "flammenden" Leidenschaft. Sogar Glutblicke sind vielen schon ein Dorn im Auge, leider - aus lauter Angst, man oder besser frau könnte dadurch "angesteckt" werden, verzichten viele auf diese immer verfügbare Kraftquelle und tümpeln lieber in sumpfiger Depression dahin.
Hapalas Buch versteht sich als Initialzündung und Initiation: es will Lust zum Unternehmertum machen - zum dynamischen wie es Schumpeter zu nennen pflegte, nicht zum unbedachten oder unberechneten, unberechenbaren. In Anlehnung an das chinesische Sprichwort vom Tausendmeilenweg, der ja mit dem ersten Schritt beginnt, könnte man sagen: auch das stetig wärmende und sanft Energie spendende Kaminfeuer muss erst einmal entfacht werden und dazu braucht man nicht nur Späne (die bekanntlich dort abfallen, wo gehobelt wird), Papier(e), Holzscheiter oder Kohlen, sondern vor allem eine Feuerstelle mit Abzug und einem Abfallbehälter (Aschenlade) für all das, was entsorgt gehört. Und man braucht Know How - wissen wie man's macht. Lernen gelingt am besten, wenn man ein Vorbild hat - jemand, von dem oder der man sich's abschauen kann. Oder auch nachlesen. Nur: zum Voyeurismus einzuladen braucht schon ziemlich viel Erfahrung, Routine, Selbstsicherheit und - Abwesenheit von Scham.
Kontrolle
In einer Schamgesellschaft ist der einzelne von seinem Ansehen in den Augen des anderen abhängig, betont die Wiener Historikerin Edith Saurer in "Macht Geschlechter Differenz" (Picus). Und: Scham als moralisches und soziales Gefühl der Selbstkritik reproduziert symbolisch soziale Hierarchien.
Wir kennen das alle: der oben kontrolliert, was der unten darf oder nicht. Saurer zitiert die Brüder Grimm, die in ihrem Deutschen Wörterbuch Scham als "besondere Zierde der Frauen" auswiesen und Schamhaftigkeit als "furcht, den eigenen trieb zu verrathen, die fähigkeit, ihn in schranken zu halten" definierten. Ich präzisiere: das gilt auch für den Trieb - die Lust, erfolgreich zu sein. Der Satz "Schäm dich!" beinhaltet ja auch den Auftrag "Mach dich klein!" So aber wird Wachstum, Entwicklung vermieden - und auch die Angst davor. Man weiß ja nie, was herauskommt...
Deswegen unterscheide ich Scham und Scheu. Scheu als Teil gesunder Vorsicht oder selbstsichernder Reaktion nach schlechten Erfahrungen ist etwas anderes als das gesundheitsschädigende "sein Licht unter den Scheffel zu stellen" oder gar ausgehen zu lassen.