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Personalhickhack im Verteidigungsressort

Von Daniel Bischof

Politik

Mit einer Reform krempelt Ministerin Tanner derzeit ihr Ressort um. Im Beamtendienstrecht warten nun Stolpersteine.


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Es ist ein Prestigeprojekt von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP): die Zentralstellenreform. Sie krempelt die Organisation des Ressorts und des Militärs grundlegend um. Bisher gab es fünf Sektionen, nun zählt das Ressort drei Sektionen/Direktionen. Zudem werden Abteilungen umstrukturiert und unterhalb des Generalstabs neun Direktionen angesiedelt. Positionen werden neu ausgeschrieben, Aufgaben neu verteilt. Es handle sich um die "erste Reform für die Truppe und nicht der Truppe", so Tanner.

Ein komplexer, aber wichtiger Rechtsbereich wartet nun aber mit Stolpersteinen für die Reform auf. Das Beamtendienstrecht könnte dem Vorhaben bei der Umsetzung noch Mühe bereiten. In Teilen des Ressorts wird etwa angezweifelt, dass sich alle gewünschten Personalvorhaben der Ministerin umsetzen lassen. Eine Weisung Tanners löst zudem interne Debatten aus.

Der Hintergrund: Jeder Posten im öffentlichen Dienst benötigt eine Arbeitsplatzbeschreibung. Darin wird festgelegt, welche Aufgaben und Tätigkeiten der Mitarbeiter zu erfüllen hat. Außerdem wird darin festgelegt, in welcher Verwendungs- und Funktionsstufe er eingestuft werden und welches Gehalt er erhalten soll. Anhand der Beschreibung wird auch der Posten bekannt gemacht und öffentlich ausgeschrieben.

Beamtenressort nimmt die Bewertung vor

Erstellt wird die Beschreibung von dem Ressort, in dem der Posten vorgesehen ist. Überprüft und genehmigt wird sie aber vom Beamtenministerium (BMKÖS). Es bestimmt auch die Wertigkeit des Postens und legt fest, ob er vom Ressort in der richtigen Verwendungs- und Funktionsgruppe eingestuft wurde. Sieht das BMKÖS die Einstufung als falsch an, genehmigt es die Beschreibung nicht. Sie wandert dann zum Ressort zurück. Dieses kann die Bewertung des BMKÖS akzeptieren oder die Beschreibung abändern und einen neuen Versuch wagen.

Wenn eine Arbeitsplatzbeschreibung im öffentlichen Dienst geändert wird, hat das also Auswirkungen für die Mitarbeiter. Nicht nur können ihre Aufgaben verändert werden. Es muss zudem die geänderte Beschreibung vom Beamtenministerium überprüft, bewertet und genehmigt werden. Dabei kann das BMKÖS etwa auch zum Schluss kommen, dass der Posten aufgrund der Änderung der Tätigkeiten in eine niedrigere oder höhere Gehaltsstufe eingestuft werden müsste.

2.200 Beschreibungen übermittelt

Im Zuge der Zentralstellenreformen im Verteidigungsressort wurden nun zahlreiche Arbeitsplatzbeschreibungen geändert. Laut Angaben aus dem Beamtenministerium wurden vom Verteidigungsressort bisher rund 2.200 Arbeitsplatzbeschreibungen übermittelt. Die Prüfungen dazu laufen derzeit, teilt eine Sprecherin des Ressorts mit. Es gebe laufende Gespräche mit dem BMKÖS zu den Bewertungen, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.

Gültige und genehmigte Arbeitsplatzbeschreibungen für die neuen Strukturen im Verteidigungsressort liegen mit Stand Anfang Juni vielfach noch nicht vor. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) verfügte dennoch bereits per Weisung vom 28. April 2022, dass mit 1. Mai 2022 die Mitarbeiter die Zielstruktur der Reform einzunehmen haben. Mitarbeiter sollten also nicht mehr in den alten, sondern in den neuen Strukturen der Zentralstellenreform arbeiten.

Da zu diesen Strukturen eben weitgehend noch keine gültigen Arbeitsplatzbeschreibungen vorliegen, gingen Personalvertreter der FPÖ auf die Barrikaden. Sie schickten ressortintern ein Schreiben aus. Die bisher gültigen Arbeitsplatzbeschreibungen seien durch die Weisung "rechtlich untergegangen", heißt es darin. Zugleich sei nicht absehbar, wie lange es dauere, bis die neuen Beschreibungen "bewertet und genehmigt vorliegen". "Das bedeutet, dass Sie keine gültige Arbeitsplatzbeschreibung mehr haben", wird gewarnt. Den Mitarbeitern wird daher etwa empfohlen, sich per schriftlicher Weisung oder Befehl anordnen zu lassen, "was sie zu tun haben".

Diese Rechtsansicht der Personalvertreter sei zutreffend, heißt es aus mit der Reform und dem Beamtendienstrecht vertrauten Ministeriumskreisen. Zum Zeitpunkt von Tanners Ministerweisung hätten die vom BMKÖS genehmigten und bewerteten Arbeitsplatzbeschreibungen schon vorliegen müssen: "Diese Verfahren sollten bekannt sein."

Die "Warnung" der Personalvertreter gehe ins Leere, heißt es hingegen aus dem Verteidigungsressort: "Die Struktur ist nicht durch das BMKÖS zu überprüfen, diesem Ministerium obliegt es, die Arbeitsplatzbewertungen festzulegen." Konkret sei die Situation derzeit so, dass das Verteidigungsressort zwar schon in der neuen Struktur arbeite. Dienst- und besoldungsrechtliche Maßnahmen würden aber erst nach Bewertung der Arbeitsplätze durch das BMKÖS gesetzt werden.

Hohe Einstufung für Direktorenposten

Tanner ordnete in ihrer Weisung vom 28. April an, es seien "mit allen betroffenen Bediensteten Lösungen zu finden, sodass keine besoldungs- oder dienstrechtliche Schlechterstellung eintritt". Für das Verteidigungsressort hat diese Passage "primär eine praktische Relevanz".

Das klinge zwar schön und gut, heißt es aus involvierten Ministeriumskreisen. Eine rechtliche Relevanz habe diese Passage aber nicht. Denn die Bewertung und Einstufung obliege alleine dem BMKÖS. Und ob es bei dieser Bewertung immer nach dem Willen des Verteidigungsressorts läuft, ist offen. Dass eingereichte Beschreibungen vom BMKÖS abgelehnt und an ein Ressort zurückgeschickt werden, ist zwar üblich. Bei dieser Reform könnte der Anteil aber höher als normal sein.

Vom Verteidigungsressort abgeändert wurden etwa Beschreibung von höheren Posten wie Abteilungsleitern. Diesen wurden auch Sekretariatsaufgaben übertragen, weil administratives Personal in Abteilungen eingespart wurde. "Das fördert nicht gerade die Wertigkeit des Postens und könnte zu einer Abwertung führen, weil nun niederwertigere Tätigkeiten durchgeführt werden", heißt es aus informierten Kreisen. Dort wird auch darauf verwiesen, dass die Direktorenposten unter dem Generalstab nach Wunsch des Verteidigungsressorts mit der Wertigkeit eines Sektionschefs eingestuft werden. Ob das durchgeht, wird bezweifelt.

Es sei richtig, "dass seitens des Ressorts der Wunsch besteht, einige, wenn auch nicht alle, Arbeitsplätze der Direktoren in der Generaldirektion für Landesverteidigung" mit dieser Wertigkeit auszustatten, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Denn die "mit dem Arbeitsplatz verbundenen Anforderungen an das Wissen, die für die Umsetzung des Wissens erforderliche Denkleistung und die Verantwortung" seien zu berücksichtigen.

Reform mit mehreren Baustellen

Das Gezerre um die Arbeitsplatzbeschreibungen folgt einer Reihe von Debatten, die rund um die Reform ausgebrochen sind. In Militärkreisen werden die neuen Direktionen und die Verschmelzung der operativen und strategischen Ebene kritisch gesehen.

Bei einer Neubesetzung eines wichtigen Postens im Ressort wurden zwei Militärs, die sich beworben hatten, im Auswahlverfahren nicht bewertet und berücksichtigt. Die Stelle bekam Tanners Kabinettschef. Ein betroffener Offizier fühlt sich diskriminiert und wandte sich an die Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen und die Gewerkschaft.

Zudem wurden bei der Reform Teile des Bundesministeriengesetzes übersehen. Es legt fest, dass sich die Bundesministerien in Sektionen gliedern müssen. Das Verteidigungsressort verpasste den ursprünglich nur als Direktionen titulierten Einheiten daher Doppelnamen. Nun gibt es etwa die Sektion II - Präsidium (Generaldirektion Präsidium).