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Personalsuche in (Süd-)Osteuropa

Von Sissi Eigruber

Wirtschaft

Nach den Nachbarländern in Osteuropa sind auch die Staaten Südosteuropas für viele ausländische Firmen attraktive Investitionsstandorte. Niedrige Löhne und die Perspektive des EU-Beitritts locken auch österreichische Firmen zum Beispiel nach Bulgarien. Doch während sich dort das Investitionsklima sukzessive verbessert, hat das Land mit einem anderen Problem zu kämpfen: Junge qualifizierte Kräfte gehen in Scharen ins Ausland. Dennoch gibt es gutes Personal in Bulgarien, berichtet der Personalberater Peter Pendl, der unter anderem die EVN in Bulgarien berät, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".


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Die offizielle Arbeitslosenrate lag in Bulgarien vergangenes Jahr bei 12%, dabei gibt es aber große regionale Unterschiede. Während in Sofia fast Vollbeschäftigung herrscht, ist in manchen Teilen des Landes mehr als die Hälfte der Bewohner arbeitslos. Viele Bulgaren suchen daher ihr Glück im Ausland und kehren nicht mehr zurück. So sei etwa an der Wirtschaftsuniversität Wien die größte ausländische Studentengruppe jene der Bulgaren, erläuterte diese Woche der österreichische Handelsdelegierte in Bulgarien, Hermann Ortner, im Rahmen einer Veranstaltung des WKÖ-Länderforums "Investieren in Bulgarien und Rumänien".

Plus bei Technik und IT, Minus bei Selbständigkeit

"Seit 1990 haben rund 800.000 Menschen Bulgarien verlassen", erklärt Pendl von der Dr. Pendl & Piswanger InterSearch Austria Personal & Managementberatung. Die Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden, sei in Bulgarien je nach Region und Branche sehr unterschiedlich. So gebe es zum Beispiel exzellent ausgebildete Techniker und Spezialisten für Informationstechnologie. Relativ leicht zu finden seien daneben auch Mitarbeiter für das Sekretariat oder Office Management, ebenso wie Buchhalter und Juristen. Die Ausbildung sei zwar gut, aber in Sachen selbständiges Arbeiten, Eigenverantwortlichkeit und Prioritätensetzung müsse meist noch dazu gelernt werden. In diesen Punkte wirke noch die kommunistische Geschichte nach: "Das Hierarchiedenken ist stark ausgeprägt, Informationen werden zurückgehalten, man kommt nicht so schnell zum Wesentlichen und redet um den heißen Brei herum", beschreibt der Personalberater die anderen Gepflogenheiten.

Zu diesem Ergebnis kommt auch ein aktuelle Studie der Donau-Universität Krems über den "Wissenstransfer österreichischer Unternehmen in Osteuropa-Projekten" in deren Rahmen im zweiten Halbjahr 2004 Manager aus Österreich über ihre Erfahrungen beim Aufbau von Standorten in Osteuropa befragt wurden: "Im alten System mit zentraler Planung bestand die Rolle der Manager vorrangig darin, politisch geprägte Entscheidungen umzusetzen, nicht aber eigene Entscheidungen zu treffen oder gar Risiken einzugehen. Qualität, Kosten und Pünktlichkeit waren keine wichtigen Entscheidungskriterien", heißt es in der Studie.

Auch Managern müssten daher in Sachen Teamentwicklung sowie Delegieren und Führen mit Ziel geschult werden, so Pendl. Schwierig gestalte sich in Bulgarien vorallem die Suche nach Personalverantwortlichen, Marketingexperten und qualifiziertem Personal für Treasury- und Riskmanagement.

Das Interesse bei ausländischen Firmen zu arbeiten, sei jedenfalls hoch, wobei von qualifizierten Bewerbern neben dem Gehalt auf Weiterentwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten großer Wert gelegt wird. "Damit kann man gute Nachwuchskräfte interessieren", verrät Pendl.