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Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, schlägt ein Fairnessabkommen für alle Kandidaten vor. | Hinter der Empörung über die Hypo-Aktenlöschung sieht sie "taktische Spielchen".
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Wien. Mit einem breiten Lächeln kam die einstige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes (OGH) und Leiterin der Hypo-Untersuchungskomission, Irmgard Griss (69), am Freitag zu ihrer Vorstellung als Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl. Sie hat sich als Erste vorgewagt und damit das Rennen um die Hofburg eröffnet, während die anderen Teilnehmer noch gar nicht am Start stehen. SPÖ, ÖVP, Grüne und FPÖ werden ihre Kandidaten erst im neuen Jahr bekanntgeben. Außerdem dürfte Griss die einzige Frau bleiben, die bei der Wahl für das höchste Amt Österreichs antritt.
Griss will sich der Wahl stellen, "weil ich überzeugt bin, dass ich etwas bewegen kann", sagte sie vor Journalisten. Dabei soll der Wahlkampf aus ihrer Sicht von Fairness und Transparenz geprägt sein. Die Juristin schlägt daher ein entsprechendes Abkommen vor, das alle Kandidaten der Bundespräsidentenwahl unterzeichnen sollen. Verstöße soll ein Schiedsgericht prüfen, in das jeder Kandidat ein Mitglied entsendet. Hält man sich nicht an die Regeln, soll das mit Geldstrafen sanktioniert werden.
Griss möchte nämlich nicht, dass der Wahlkampf zu einer Materialschlacht wird. Die Persönlichkeit des Kandidaten soll im Vordergrund stehen und nicht dessen finanzielle und parteiliche Möglichkeiten. Das Abkommen sieht demnach vor, dass es im Wahlkampf keine ganzseitigen Inserate, keine Postwurfsendungen, keine Kinospots oder Wahlgeschenke gibt. Auch tritt Griss für eine Begrenzung der Wahlkampfkosten auf eine Million Euro sowie für die Offenlegung aller Wahlkampfspenden egal welcher Höhe ein. "Das ist natürlich in meinem Interesse, das geb’ ich offen zu", sagte Griss. Die Geldtöpfe der etablierten Parteien sind schließlich voller als ihrer.
Erste Großspende für Griss
Eine Großspenderin hat die Juristin für ihre Kampagne aber schon gefunden. Die Ehefrau von Andritz-Chef Wolfgang Leitner, Cattina Leitner, spendete 100.000 Euro. Etwas mehr hat Griss laut eigenen Angaben schon gesammelt. Mindestens 500.000 Euro will sie für den Wahlkampf unter anderem via Crowdfunding auftreiben. Das Geld soll aber nicht von Parteien kommen. Schließlich tritt sie doch als überparteiliche Kandidatin der Zivilgesellschaft an.
Dass sie sich dem Hearing der Neos sowie der FPÖ gestellt habe, spießt sich aus ihrer Sicht nicht damit. "Ich möchte meine Botschaft an alle Österreicher richten", sagte Griss. Und Parteien seien eben Vermittler. "Von einer Partei wurde mir weder Geld zugesagt, noch habe ich um Geld einer Partei geworben", erklärte sie.
Weiters fordert Griss einen fairen wie positiven und keinen untergriffigen Umgang miteinander im Wahlkampf: "Kein negative campaigning", so Griss: "Die Privatsphäre der Kandidaten muss respektiert werden." Man habe ihr aber bereits gesagt, dass im Wahlkampf "die Hackln tief fliegen": "Ist das nicht traurig und furchtbar?"
Etwas tiefer dürften sie nach Griss’ Vermutung bereits am Donnerstag geflogen sein. Da wurde nämlich bekannt, dass die Hypo-Untersuchungskommission, die Griss leitete, ihre Unterlagen nach der Veröffentlichung des Berichts vernichtet hatte. Das zog eine Empörungswelle der Parlamentsparteien nach sich. Laut Griss habe man dem Finanzministerium aber bereits im März geschrieben, dass man keine Unterlagen mehr habe. "Rein zufällig wird das gestern hochgespielt", sagte Griss. "Wer wurde gestern im Untersuchungsausschuss befragt?", fragte sie und stellte einen Zusammenhang zum früheren Finanzminister, Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll in den Raum.
Sie kann die Empörung um die gelöschten Gesprächsprotokolle nicht nachvollziehen. Die Kommission habe die Akten gelöscht, weil eine Aufbewahrung "völlig unsinnig" gewesen wäre, meinte Griss und unterstellte den Parlamentsparteien "taktische Spielchen".
Spindelegger aktivierte Griss
"Warum sollen wir, die nicht beteiligt gewesen sind, irgendwas unter den Teppich kehren wollen?", fragte sich die 69-Jährige. "Das ist doch billig." Die Spielchen stimmten sie traurig und zeigen den "Zustand der Politik".
Andererseits stärke das ihre Motivation für eine Kandidatur. Ob sie die Sache als erste Negativ-Kampagne gegen sich sieht? "Also diese Bewertung überlasse ich Ihnen", sagte Griss. Nachsatz: "Da bin ich aber ziemlich resistent." Die pensionierte Präsidentin des OGH hat ihren Antritt indirekt der ÖVP zu verdanken. Noch mehr dem früheren Vizekanzler Michael Spindelegger. Er war es nämlich, der sie 2014 mittels rot-schwarzem Regierungsbeschluss zur Chefin der unabhängigen Untersuchungskommission zur Causa Hypo machte. Spindelegger versuchte damals, mit der Kommission Druck aus der Debatte um die Installierung eines Hypo-U-Ausschusses zu nehmen. Den wollte die Regierung damals umgehen. Der Druck wurde aber nicht kleiner, im Gegenteil, die Kritik, die Kommission könnte befangen sein, kam aufs Tapet.
Spindelegger ist zwar nicht mehr Vizekanzler, die Juristin Griss katapultierte sich mit dem kritischen Kommissions-Bericht zur Hypo aber zurück in die Öffentlichkeit und wurde seither mit dem Bundespräsidentenamt in Verbindung gebracht.
Irmgard Griss wurde am 13. Oktober 1946 im steirischen Bösenbach geboren. Sie studierte in Graz und an der Havard Law School und war Präsidentin des OGH. Die Mutter zweier Söhne ist mit einem Grazer Rechtsanwalt verheiratet und ist auch selbst Anwältin. Sie war Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs, unterrichtete Zivil- und Handelsrecht an der Universität Graz und war auch freie Mitarbeiterin des ORF Steiermark.