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Peter Gerlich

Von Walter Hämmerle

Reflexionen

Der Wiener Politikwissenschafter Peter Gerlich im Interview über Parallelen zwischen Gusenbauer und Schüssel, die Kapitulation verantwortlicher Politik und die neuen Zustände an den Unis.


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Wiener Zeitung: Wie kommt es, dass man mitunter den Eindruck hat, Politik in Österreich bewege sich - vorsichtig ausgedrückt - auf ausgesprochen bescheidenem Niveau? Peter Gerlich: Da ist sicherlich viel Nostalgie dabei, im Rückblick schaut die Vergangenheit immer besser aus als sie war. Tatsächlich erleben wir eine Europäisierung der österreichischen Politik in zweierlei Hinsicht: Die österreichischen Besonderheiten - Stichwort Sozialpartnerschaft und Lagerdenken - sind großteils verschwunden und die Transparenz politischer Entscheidungen ist gestiegen. Natürlich kann man diskutieren, ob wir immer das Richtige öffentlich debattieren. Ob diese Entwicklungen nun zu einer besseren oder schlechteren Politik geführt haben, kann nur subjektiv beantwortet werden. In der Politik sollte man, so glaube ich zumindest, nicht zu streng sein. Wir sind jetzt eben so geworden, wie die anderen bereits waren.

Und dennoch sind längst noch nicht alle Austriaka verschwunden: Die strukturelle Dominanz von SPÖ und ÖVP ungeachtet ihrer aktuellen Schwäche, die Stärke des Dritten Lagers.

Eine Erosion der großen Parteien findet überall statt, sogar in Großbritannien, wo diese durch ein Mehrheitswahlsystem ja noch zusätzlich gestärkt werden. Im Verein mit einem generellen Anstieg des Populismus von links bis rechts haben Traditionen an Bedeutung verloren. Verantwortlich dafür ist ein neuer Blick auf die Politik: Die Menschen sehen sich nicht länger als Untertanen, sie wollen Kunden sein, die Ansprüche erheben können. Die feste Bindung an eine Partei, wie sie früher für viele üblich war, gibt es nicht mehr, obwohl damit für den Einzelnen auch zahlreiche, zum Teil sogar handfeste Vorteile verbunden waren: Wenn man einer Partei die Treue hielt, dann konnte man dafür auch etwas bekommen, etwa Jobs und Wohnungen. Das ist heute in diesem Ausmaß nicht mehr möglich, was meiner Ansicht nach ein Hauptgrund dafür ist, dass SPÖ und ÖVP an Einfluss verloren haben. Ich habe in den frühen 80er Jahren eine Untersuchung gemacht, die ergeben hat, dass das politische Interesse einer Pyramide gleicht - übrigens in anderen Ländern auch. Die etwas brutale Schlussfolgerung war, dass etwa zwei Drittel der Bürger keine besondere Nähe zu Politik, kein besonderes Wissen über deren Themen hatte. Nur ein Viertel bis ein Drittel sind informiert und bilden ein kritisches Publikum, der Rest ist anfällig für jedwede Form von Populismus.

Wenn zwei Drittel der Bürger keine besondere Nähe zur Politik verspüren, wie erklären Sie sich dann den Umstand, dass Österreich den weltweit höchsten Anteil an Parteimitgliedern hatte und noch immer hat?

Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch. Die Mitgliedschaft bei einer Partei war für die meisten eine Art von zusätzlicher Sozialversicherung, nur eine kleine Minderheit fühlt sich den jeweiligen Ideologien verbunden. Übrigens sind die Mitgliederzahlen in den letzten zwanzig Jahren massiv gesunken.

Österreichs Parteien erlebten zuletzt eine Achterbahnfahrt in der Wählergunst. Irgendwie scheinen die Bürger ratlos vor der Politik zu stehen, sonst wären solche Gunstschwankungen in so kurzer Zeit kaum möglich.

Dieses Phänomen lässt sich schwer auf einen Nenner bringen, Politik ist kompliziert geworden, die ganze EU-Problematik wird der Bevölkerung überhaupt nicht vermittelt. Mit der Politik ist es mittlerweile wie mit dem Fußball: Man kann genauso Anhänger eines bestimmten Vereins wie eines bestimmten Politikers sein, ohne dass man sich mit der dahinter stehenden Ideologie auseinandersetzt. Wirkliche Informiertheit würde dagegen voraussetzen, dass man zumindest zwei oder drei wirkliche gute Zeitungen liest, doch das können oder wollen sich nur wenige leisten. Ohne fundiertes Wissen wird man aber leicht Opfer von Emotionen, von einer Politik der Gefühle. Politik ist Teil unserer Konsumgesellschaft geworden: Wie im Supermarkt preisen die Parteien ihr Angebot an. Der Wähler ist einer gigantischen Marketingmaschinerie ausgesetzt, sogar TV-Nachrichten ähneln in Schnitt und Aufmachung mittlerweile kommerziellen Werbespots. Kürzlich habe ich mit Freunden ein zwanzig Jahre altes TV-Interview zweier damals junger Politiker gesehen, Alfred Gusenbauer und Othmar Karas. Das Faszinierendste daran war: Es war viel zu lang, eine ganze Stunde, nach heutigen Maßstäben unvorstellbar.

Was bedeutet das demokratiepolitisch: Einerseits versprechen alle Parteien die immer stärkere direkte Miteinbeziehung der Bürger in politische Entscheidungen - Stichwort Volksabstimmungen -, andererseits sinkt das Interesse, werden Wahlen zum emotionalisierten Stimmungstest, getragen von Frust und Protest?

Es gehört zu den Kernaufgaben der Politik, den Menschen auch unangenehme Dinge zu sagen, man muss sie ihnen erklären und Führung geben. Geschieht dies, bin ich sicher, dass eine Mehrheit zu richtigen, zumindest vernünftigen Entscheidungen gelangt. Problematisch wird es dann, wenn nur mehr Populisten das Feld dominieren. Insofern hat mich auch der EU-Schwenk der SPÖ hart getroffen, weil ich darin die Kapitulation einer verantwortungsvollen Politik vor dem Populismus sehe. Es ist legitim, dass die "Krone" eine solche Linie verfolgt, ihre einseitige Berichterstattung mag nicht sehr nett sein, aber sie ist für ein privates Medium zulässig, Politik jedoch darf so etwas nicht.

Die Strategie der SPÖ scheint, schenkt man den Umfragen Glauben, aber aufzugehen.

Schon, nur ist das eher ein Problem der ÖVP. Ihr Entschluss zu Neuwahlen war offensichtlich nicht gut vorbereitet. Keine der anderen Parteien scheint dem Populismus der SPÖ etwas entgegensetzen zu können.

Es ist eine Tatsache, dass in Europa fast jede Regierung abgewählt wird, einfach deshalb, weil unpopuläre Reformen unumgänglich geworden sind. Vielleicht ist die Wahrheit den Wählern doch nicht zumutbar?

Wenn man Österreich hernimmt, kann man objektiv feststellen, dass die abtretende große Koalition gescheitert ist. Warum das so ist, frage ich mich auch, immerhin hatte die Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP lange Tradition. Vielleicht hat es mit den handelnden Personen zu tun. Jetzt ist eine Generation an den Schalthebeln der Macht, die den Populismus im Wahlkampf zu einem Bestandteil ihres Bewusstseins gemacht hat und diesen Weg auch in der Regierungsarbeit fortsetzt.

Man darf aber eines nicht vergessen: Alle wichtigen Entscheidungen fallen heute in Brüssel, in Österreich geht es - politisch gesprochen - um fast nichts mehr, der nationale Spielraum ist unglaublich eng geworden. Deshalb haben wir nur zwei Möglichkeiten, von denen jedoch beide nur mehr europäisch sind: Im besten Fall entwickelt sich Österreich zu einer europäischen Provinz, andernfalls werden wir zu einem europäischen Zwergstaat zwischen den Blöcken, der uns allenfalls die Illusion einer nationalen Souveränität belässt, die de facto natürlich nicht mehr existiert. Am Beispiel der Energiesicherheit etwa wird deutlich: Jetzt findet der große Test statt, ob es Europa mit seiner wirtschaftlichen Macht gelingt, den russischen Bären einzubremsen...

...notwendigerweise mit nicht-militärischen Mitteln.

Ja, genau, das ist die Herausforderung, und die kann man den Leuten sehr wohl erklären. Österreich wäre gut beraten, sich hier konstruktiv einzubringen. Warum es der ÖVP nicht gelingt, das zu vermitteln, ist mir ein Rätsel. Natürlich kann man vieles an der EU zu Recht kritisieren, aber wenn wir als kleines Land nicht EU-Mitglied wären, würden wir ganz schlecht dastehen, doch das sagt den Menschen keiner. Das ist so ähnlich wie bei der DDR-Nostalgie: Die Ostdeutschen haben auch geglaubt, es bleibt alles so, wie es ist, und dazu kommen noch alle Vorteile des Westens. Natürlich ist es nicht so geblieben, sondern es hat ein harter Wettbewerb begonnen, an den man sich anpassen musste.

Sie sagen, die jetzige Führungsgeneration agiere nur mehr populistisch. Ist das nicht paradox: Immerhin war deren Jugendzeit in den 70er- und frühen 80er Jahren hochgradig politisiert und ideologisiert?

Ich habe über Alfred Gusenbauer und Wolfgang Schüssel viel nachgedacht: beide sind in erster Linie Technokraten. Gusenbauer ist in Wirklichkeit ein europäischer Internationalist, dem die Innenpolitik und ihre besonderen Anforderungen nicht wirklich am Herzen liegen. Bei Schüssel ist das ähnlich: Auch er denkt primär in europäischen Kategorien. Beide konnten oder wollten dieses Thema aber nicht den Bürgern näherbringen und haben sich mitunter sogar - Stichwort EU-Beitritt der Türkei - auf die Seite der Populisten geschlagen.

Es gehört zu den Konstruktionsfehlern der EU, dass die europäische und die nationale Politik immer weiter auseinanderdriften, obwohl doch die Union nicht ohne die Mitwirkung aller Mitgliedstaaten funktionieren kann. Eine meiner Lieblingshypothesen lautet, dass es in der Geschichte erst zwei erfolgreiche Unionsgebilde gegeben hat: die Schweiz und die USA. Aber die Europawissenschafter sind überzeugt, dass die EU mit nichts zu vergleichen ist, und sie verweigern daher jeden historisch-vergleichenden Blick. Ich halte das für einen schweren Fehler, weil man nur durch historische Vergleiche Fehlentwicklungen der Gegenwart analysieren kann. Dabei ist offensichtlich, dass die Konstruktion der EU jener der USA viel ähnlicher ist als jener ihrer eigenen Mitgliedstaaten. Übrigens lehnte auch 1788 eine der damals dreizehn britischen Kolonien die neue Verfassung der USA ab, doch - anders als heute bei der EU - ließen sich die übrigen davon nicht beirren und machten trotzdem weiter. Später hat es sich die eine Kolonie anders überlegt und ist den USA doch beigetreten. Bemerkenswert ist auch, dass sowohl in der Schweiz als auch in den USA die Konsolidierung der Zentralgewalt erst nach einem Bürgerkrieg gelang. Natürlich gibt es viele Unterschiede zur EU, doch die zahlreichen strukturellen Parallelen sind verblüffend.

Zurück ins kleine Österreich: Ihre Diagnose, dass die Bürger mehr Transparenz fordern und weniger Untertanenmentalität haben, gilt wohl nur eingeschränkt. Immerhin blüht auf regionaler Ebene der politische Paternalismus - im roten Wien, im schwarzen Niederösterreich geht fast nichts ohne die jeweils regierende Partei.

Politik auf Länderebene ist etwas ganz Eigenes, fast Unmoralisches möchte ich meinen: Man muss nichts einnehmen und kann nur fordern, weil das Geld vom Bund kommt. Auf diese Weise kann man sich leicht als Landesvater oder Landesmutter stilisieren. Natürlich muss man es trotzdem gut machen: Es gibt wahrscheinlich in Niederösterreich kein Gasthaus, in dem Erwin Pröll noch nicht zu Gast war - und genau darin unterscheidet er sich von Politikern wie Gusenbauer oder Schüssel, die den Eindruck erwecken, als ob sie am liebsten in gar kein Wirtshaus gehen wollen, wo normale Menschen sitzen.

Gerade auf Landesebene hat die Vernetzung von Politik, Wirtschaft und Medien aber ein bedenkliches Maß erreicht.

Das ist die Folge unseres besonderen Föderalismus. Eigentlich ist ja Österreich viel zu klein für neun Bundesländer. Aber wenn es sie schon gibt, dann sollten sie auch Verantwortung tragen, indem die Herren Häupl oder Pröll - so wie in der Schweiz - auch Steuern einheben müssen. Das müssen sie aber nicht, sie können immer nur fordern. Das ist eine historische Belastung, die aus dem Kompromiss für die Bundesverfassung 1920 entstanden ist.

Sie sind seit 1973 Universitätsprofessor. Wie haben sich seitdem die Studenten verändert?

Eigentlich ist das ja eine tragische Geschichte. Der kürzlich verstorbene Germanist Wendelin Schmidt-Dengler hat einmal gesagt, dass er stets sehr viel von seinen Studenten gelernt habe. Mir ging es auch so. In der Hochschulpolitik waren die Studenten stets das innovative Element, auch wenn ich mit manchen Vorschlägen der Hochschülerschaft nicht einverstanden war.

Aber das lenkt von Ihrer Frage ab: Die Wahrheit ist, dass sich die Mentalität der Studenten grundlegend geändert hat. Heute sind sie darauf aus, und das ist vielleicht auch ein Effekt der Studiengebühren, schnell den Abschluss zu machen und in einen Beruf einzusteigen, um Geld zu verdienen. Früher war es so, dass die begabtesten Studenten an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, auch an der Politikwissenschaft, studierten. Heute studieren sie Jus oder Betriebswissenschaft. Mir war nie ein Student zu minder, mein Verständnis eines Universitätsprofessors war es nicht, gute und schlechte Studenten auszusortieren, sondern jedem etwas beizubringen. Heute ist das politische Engagement unter den Studenten stark zurückgegangen, es dominiert Pragmatismus allerorten. Ausbildung statt Bildung in einem umfassenden Sinn steht im Vordergrund.

Das finde ich persönlich schade, die Verbetriebswirtschaftlichung der Universität entspricht, davon bin ich überzeugt, nicht ihrem Wesen. Natürlich waren Reformen notwendig, aber man muss die Universität ähnlich wie eine Risikokapitalgesellschaft sehen: Sie benötigt Geld und die Freiheit zu forschen, und dann ist zu hoffen, dass etwas Verwertbares herauskommt. Das ist aber nicht neu, sondern entspricht der Geschichte der Universitäten. Dass es einer vernünftigen Aufsicht bedarf, ist selbstverständlich, aber es darf keinen direkten Einfluss, schon gar nicht in personellen Fragen, geben! Das zweite große Dilemma der heutigen Unis ist der Verlust der Kollegialität. Früher ärgerten sich die Professoren zwar maßlos über die wöchentlichen Gremiensitzungen, aber das war für die Diskussionskultur wichtig. Damit ist es jetzt vorbei, die Unis werden von eingesetzten Funktionären straff geführt.

Ist diese Sicht nicht etwas verklärt? Die Realität der Massenuniversität war doch anders: Überfüllte Hörsäle, keine Literatur, kaum Betreuung...

Ja, sicher, es ist pervers, dass jeder alles studieren darf. Auch ein Kindergarten kann nur so viele Kinder aufnehmen, wie er freie Plätze hat. Aber ich komme aus einer Generation, die gelernt hat, mit der Massenuni zu leben .. .

...aber nicht als Student.

Das stimmt, aber auch als Professor war das nicht immer lustig. Man kann und muss sich dieser Aufgabe stellen. Qualität setzt jedoch voraus, dass pro Student ein gewisser Mittelbetrag vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, ist jeder Uni-Vergleich sinnlos. Harvard verfügt über das doppelte, wenn nicht gar dreifache Budget wie alle österreichischen Unis zusammen. Da kann man natürlich leicht sehr gut sein. Aber vielleicht ereignet sich jetzt ein heilsamer Schock für die Universitäten, sicher bin ich mir aber nicht. Man kann natürlich sagen: wir wollen Hochleistungshochschulen - aber dann muss man auch die Mittel dafür bereitstellen, sei es aus dem Budget, über Studiengebühren oder sonst wie. Obwohl einer meiner Kollegen einmal gesagt hat, die chaotische Uni ist die beste Vorbereitung für das chaotische Leben.

Welchen gesellschaftlichen Stellenwert hat Politikwissenschaft?

Das ist eine schwierige Frage. Ich habe Politikwissenschaft immer als Ergänzungsfach gesehen, mit dem Anspruch, ein bisschen zur Aufklärung beizutragen. Alles in allem ist das auch gelungen. Andererseits gibt es den Aufstieg des Populismus. Den konnten wir nicht verhindern, aber es wäre auch naiv gewesen, das anzunehmen.

Ist nicht die Nähe vieler Experten und Wissenschafter zu einer Partei ein Armutszeugnis für die Diskussionskultur?

Das ist sicherlich ein wunder Punkt. Die wertfreie Wissenschaft ist zwar ein Ideal, das in der täglichen Praxis unerreicht bleibt, man sollte es aber zumindest anstreben. Ein Politikwissenschafter kann nicht unpolitisch sein, er sollte sich aber nie parteipolitisch engagieren. Man darf als Sozialwissenschafter nicht das Geschäft einer Partei betreiben, das geht nicht. Natürlich hat man viele Vorteile, wenn man sich nicht an diese Vorgabe hält, aber so unterprivilegiert, dass man auf solche Vorteile angewiesen wäre, ist die Position eines Universitätsprofessors auch wieder nicht.

Wie wichtig ist die Wahl am 28. September überhaupt?

Jede Wahl ist stets die wichtigste. Grundsätzlich ist ihre Bedeutung aber dadurch eingeschränkt, dass 70 bis 80 Prozent aller politischen Entscheidungen in Brüssel fallen. Es geht also darum, wie sich Österreich auf der Ebene der EU positioniert. Auf Beamtenebene sind wir hier professioneller geworden, ganz ohne Politiker geht es aber natürlich nicht, auch diese müssen sich einbringen. Welche Partei auch immer in die Regierung kommt, sie muss sich auf diese Situation einstellen. Da es zur Kooperation in und mit der EU aber ohnehin keine wirkliche Alternative gibt, ist es - zumindest aus einer europäischen Perspektive betrachtet - eigentlich irrelevant, welche Partei in die Regierung kommt. Wer regiert, kommt höchstens in die Verlegenheit, den Wählern erklären zu müssen, warum man sich jetzt in und für Europa engagieren muss. Aus innenpolitischer Sicht ist die Wahl natürlich spannend, eben weil diesmal alles möglich scheint: Dreierkoalitionen, Minderheitsregierung, was es hierzulande noch nie beziehungsweise fast nie gab.

Zur Person

Peter Gerlich wurde in Wien 1939 geboren. Nach Studien in New York, Saarbrücken und München promovierte er 1964 zum Dr. iur.. Gerlich leitete die Abteilung Politikwissenschaft am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien; 1973 habilitierte er sich im Fach Politikwissenschaft; von 1973-74 war er Professor für Politikwissenschaft an der Universität Braunschweig, seit 1979 Ordentlicher Universitätsprofessor für Politikwissenschaft an der Universität Wien; 1980-81 Gastprofessor Stanford University; seit 1982 Professor an der Webster University (Wien); von 1984 bis 2007 Direktor der Internationalen Sommerhochschule der Universität Wien. 1975-79 und 1993-2000 Dekan der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien; 2002 Gastprofessor am Smith College Mass. USA; 2005-06 Gastprofessur an der University of New Orleans, später University of Minnesota, Minneapolis.

Gerlich verfasste zahlreiche Publikationen u.a. aus den Gebieten Parteienforschung, politische Systemlehre, Parlamentarismus und Vergleichende Politikwissenschaft im In- und Ausland.

Peter Gerlich wird Ende September 2008 von der Universität Wien emeritiert.