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Neo-Chef Kleibl auf der Suche nach 520 Millionen Euro. | Gelder flossen vermutlich in die Constantia-Bank. | Wien. Intransparente Geldflüsse, offensichtliche Liquiditätsprobleme und geradezu ins Bodenlose gefallene Börsenkurse - seit Wochen ist bei der Immofinanz und ihrer Osteuropa-Tochter Immoeast buchstäblich Feuer am Dach. Ex-AUA-Vorstand Thomas Kleibl, der Karl Petrikovics Mitte Oktober an der Spitze der beiden Immobilienfirmen ablöste, hat derzeit jedenfalls alle Hände voll zu tun, den Brand zu löschen.
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Seine erst kurze Zeit als "Troubleshooter" schilderte er am Freitag vor Journalisten in ernüchternden Worten: "Die drei Wochen sind mir vorgekommen wie hundert Tage." Vorgefunden hat Kleibl "ein äußerst komplexes Konstrukt aus 550 bis 560 Firmen, eine schwierig aufzulösende Berichtsstruktur, eine sehr angespannte Liquiditätssituation, die aber beherrschbar ist, sowie unklare Überweisungen". All das will der frühere AUA-Finanzchef nunmehr durchleuchten - auch mit Hilfe der Justiz.
Gespräche mit Banken
Mit den Banken, die zuletzt zunehmend nervös geworden sind, hat sich Kleibl darauf geeinigt, bis Mitte Dezember ein detailliertes Finanzierungskonzept aufzusetzen. Konkret verhandelt der neue Vorstandssprecher mit Erste Bank, Raiffeisen Zentralbank, Bank Austria, Eurohypo, WestLB und Helaba. Diese sechs Institute bilden ein Konsortium, das sich bereit erklärte, zusammen mit der Immofinanz Lösungen zu erarbeiten, wie es nun weitergehen soll.
Den Geldbedarf der Gruppe bis Ende des Geschäftsjahres 2008/09 (30. April) bezifferte Kleibl wie bereits in seiner Antrittspressekonferenz mit 260 Mio. Euro. Aufstellen will er die Summe über den Verkauf von Familiensilber (Immobilien) und über Refinanzierungen. Kurzfristig habe man jedenfalls keine Finanznöte, versicherte Kleibl. Deshalb sei auch keinesfalls an ein Liquidationsszenario gedacht.
Immer noch Rätselraten
Weiter Unklarheit herrscht über den Verbleib jener 520 Mio. Euro, die die Immoeast als offene Forderung in ihren Büchern führt. Kleibl: "Petrikovics soll endlich sagen, wo das Geld gelandet ist." Diese Forderung ist der noch aushaftende Betrag eines ursprünglich 900 Millionen schweren Transfers. Gezeichnet wurde eine Anleihe der Immofinanz Beteiligungs AG (Ibag), die rein formell nicht zur Immofinanz-Gruppe gehört, hinter der aber der frühere Eigentümer der Constantia Privatbank (CPB) steht, die Familie Turnauer.
Die Ibag-Organe wollen von offenen Beträgen nichts wissen. Kleibl ist jedoch davon überzeugt, dass die Gelder über Konten der Ibag geschleust wurden und die Forderung gegenüber der Ibag schon deshalb werthaltig ist, weil Haftungszusagen der den Turnauers zuzurechnenden Holding Constantia BV bestehen. Er vermutet, dass das Geld in die CPB floss und für nicht genehmigte Aktien-Rückkäufe verwendet wurde. Die CPB, deren Chef bis vor kurzem Petrikovics war, stand jahrelang über Managementverträge in einem besonderen Naheverhältnis zur Immofinanz-Gruppe.
Ein Fall für die Justiz
Zu den ungeklärten Zahlungsflüssen innerhalb der Constantia Privatbank rund um die ominöse Ibag-Anleihe will Kleibl nun eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien einbringen - um mögliche strafrechtliche Tatbestände (wie Untreue oder Bilanzfälschung) zu klären.
Sollte der Wirtschaftsprüfer KPMG die Werthaltigkeit der Forderung in Zweifel ziehen und sein Bilanz-Testat zurückziehen, "muss nicht unbedingt die ganze Bilanz (im Konzern, Anm.) neu aufgerollt werden", betonte Kleibl.
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