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Pfeiferln mit Nachwirkungen

Von Christian Rösner

Politik

Tag zwei der Klubklausur: Wiener SPÖ demonstriert Einigkeit in Sachen Flüchtlingspolitik - und zeigt Unverständnis für das Verhalten von Faymann.


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Wien. Am zweiten Tag der SPÖ-Klubklausur in Floridsdorf versuchten die Genossen wieder zur Tagesordnung überzugehen und sich auf die eigentliche Aufgabe der Veranstaltung zu konzentrieren: die Projekte der Stadt zu präsentieren. Das Auspfeifen von Bundeskanzler Werner Faymann am Vortag wegen seiner Flüchtlingspolitik bot abseits der Tagung aber immer noch Diskussionsstoff unter den Genossen.

Auch der anwesende rote Bundespräsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer sprach das Thema an und verteidigte Faymann. "Allen ist klar, dass Österreich und ein paar andere Länder nicht alle Flüchtlinge aufnehmen können", sagte er. Die Regierung habe etwas tun müssen: "Sie hat mit dem Richtwert ein Signal nach innen und außen gesetzt. Und sie hat richtig gehandelt", betonte er. Das sei keine Frage von links oder rechts, "sondern eine Frage der Möglichkeiten, der Verantwortung und der Humanität - für die Schutzsuchenden genauso wie für die gesamte Gesellschaft", argumentierte der SPÖ-Kandidat.

Trotzdem - die Kritik an Faymann blieb. Zumindest auf strategischer Ebene: "Die Diskussion war fehl am Platz - das ist eine Klubtagung und kein Landesparteitag", meinte etwa ein Funktionär. "Den Fehler, den Faymann gemacht hat, ist, dass er die Kritiker bei seiner Rede angegriffen und nicht an Bord geholt hat", resümierte ein anderer. Es sei schließlich kein Geheimnis gewesen, dass viele Genossen mit der Linie der Bundesregierung nicht einverstanden sind.

"Man kann sich als Kanzler auch durchaus hinstellen und die Leute umarmen. Er hat aber einfach reingeblasen und die Kritiker in ihrer Kritik bestätigt", hieß es.

Gespalten sei die Partei aber nicht, wurde betont - es gehe um den pragmatischen Weg einer Bundesregierung auf der einen Seite und auf der anderen Seite um die wesentlichen Grundpfeiler einer solidarischen Bewegung, wie die SPÖ eine sei. "Und da ist es eigentlich wenig überraschend, dass es Kritik gibt bzw. sich Einzelkämpfer zu Wort melden."

Für die meisten Genossen ist es unbestritten, dass man die Flüchtlingsfrage nicht alleine lösen könne. Problematisch sei aber, dass jetzt gerade ein Kurs gefahren werde, wo es heißt: Es ist alles nicht mehr bewältigbar, wir schaffen das nicht. "Das spiegelt Hilflosigkeit wider und das ist nicht gut für die SPÖ." Und hier trage natürlich die Bundesregierung auch Wesentliches dazu bei, wenn sie 75 Millionen Euro für Flüchtlingshilfe verspreche und Wien davon bis dato noch keinen Cent davon gesehen habe.

Für SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch ist das Hauptproblem, dass die Kommunalpolitik, um die es eigentlich bei einer Klubtagung gehen sollte, außen vor gelassen wurde. "Die Flüchtlingsdiskussion muss geführt werden, keine Frage. Aber es ist schade, dass damit unsere zahlreichen Projekte, die hier bei der Tagung präsentiert werden, in den Hintergrund getreten sind", sagte er.

"Tatsache ist: Egal wie viel Flüchtlinge da sind - wir werden die U-Bahn trotzdem ausbauen, wir werden trotzdem Wohnungen bauen und unsere Projekte vor dem Hintergrund einer wachsenden Stadt vorantreiben."

Und Bürgermeister Michael Häupl, erneut auf die Protest-Aktion von Donnerstag angesprochen, wiederholte gegenüber der "Wiener Zeitung" noch einmal den Satz vom Vortag: "Reden tut man net mit Pfeiferln, sondern mit Leut." Er kritisierte, dass die jungen Genossen nicht die Diskussion gesucht hätten. Denn inhaltlich gebe es in der Flüchtlingsfrage innerhalb der SPÖ keine Differenzen, wie er betonte. Dass man Faymann einen Kurswechsel vorwirft, sei das Werk der ÖVP gewesen, die in der öffentlichen Diktion u.a. aus dem Richtwert eine Obergrenze gemacht habe.

Viel Neues gab es ansonsten bei der Klubtagung nicht - mit Ausnahme eines neuen Familienbades, das im Einsiedlerpark in Margareten entstehen soll, wie die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger ankündigte: Das bestehende Tröpferlbad wird um ein Kleinkinderbecken und einen Wasserspielgarten erweitert. Geplant ist die Fertigstellung 2018. Darüber hinaus wurden Bildungsprojekte präsentiert - so soll in den nächsten Jahren etwa Bildungsraum in vier verschiedenen Varianten angeboten werden, wie Frauenberger erklärte: Erweiterung von Schulen in Holzbauweise, Schul-Neubau, neue Bildungscampus-Standorte und die Vermischung von Bildungsbereichen mit Nutzungen wie Wohnen und Handel.

Stabilitätspakt in Frage gestellt

In diesem Zusammenhang plädierte die SPÖ einmal dafür, wirtschaftsbelebende Investitionen für soziale und nachhaltige Infrastruktur - also etwa für Schulen, Kindergärten und Gesundheit - aus der Schuldenbremse herauszunehmen. Bei den Finanzausgleichsverhandlungen, die eng mit dem Stabilitätspakt verbunden sei, werde die "Stunde der Wahrheit" schlagen, erklärte Häupl, der von "einer ganz harten Verhandlungsaufgabe" sprach. Und er ließ durchklingen, dass der Stabilitätspakt nicht in Stein gemeißelt sei: "Vertragstreue ja - aber das muss diskutiert werden", sagte Häupl.