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Pflegepersonal dringend gesucht

Von Martyna Czarnowska

Politik

Vor einem "Pflegenotstand" warnen die größten sozialen Hilfsorganisationen Österreichs seit rund eineinhalb Jahren. Denn die Zahl pflege- und hilfsbedürftiger Menschen könnte sich bis 2011 auf bis zu 800.000 erhöhen. Aus der Not möchte die ÖVP nun verstärkt eine Tugend machen: Im Gesundheitssektor ortet sie Beschäftigungschancen für 35.000 Personen.


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"Besorgniserregend" ist noch immer vorsichtig ausgedrückt. Denn die Situation der Pflege in Österreich sei jetzt schon von Betreuungslücken geprägt, betonen Wohlfahrtsträger wie Caritas, Hilfswerk oder Volkshilfe. Und bei gleichbleibenden Bedingungen können sich die Umstände nur verschlimmern.

Rund 550.000 Menschen in Österreich sind betreuungsbedürftig, im Jahr 2010 werden es 600.000 sein (die Wohlfahrtsträger gehen sogar von 800.000 Pflege- und Hilfsbedürftigen im Jahr 2011 aus). Damit wächst auch der Bedarf an qualifizierten Pflegekräften.

Im gesamten Gesundheitsbereich könnten in den nächsten fünf Jahren über 35.000 Arbeitsplätze geschaffen werden; im Pflegesektor allein knapp 5.000, schätzt die ÖVP. Gesundheitssprecher Erwin Rasinger setzt dabei auf verstärkte Teilzeitangebote und neue Berufsbilder - wie AltenfachbetreuerIn. Er verweist auf die hohe "drop-out-Quote" bei Pflegeberufen: "Nach durchschnittlich fünf Jahren sind sehr viele weg." Eine Ursache dafür sieht Rasinger in der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie - immerhin seien 80 Prozent der im Gesundheitswesen Tätigen Frauen. Ein größeres Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen könnte dabei eine Lösung bieten.

Eine andere Maßnahme würde sich an ältere ArbeitnehmerInnen richten: Rasinger schlägt - wie vor einigen Tagen auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein - vor, AMS-Umschulungsprogramme für über 45-Jährige anzubieten. Damit könnten Menschen, die davor in anderen Berufen tätig waren, neu ausgebildet oder bereits im Pflegebereich Beschäftigte weiter qualifiziert werden.

Auf Pflegepersonal aus dem Ausland möchte Rasinger dabei kaum zurückgreifen müssen. "Vorrangig ist die österreichische Pflege", meint er.

Ein offenes Ohr für die ÖVP-Vorschläge hat die Caritas. Der Wiener Caritasdirektor Michael Landau begrüßte den Vorstoß als "wichtige Initiative, um älteren und pflegebedürftigen Menschen die ihnen zustehende Versorgung zu sichern". Um einen tatsächlichen Pflegenotstand zu verhindern wäre es nun sinnvoll, einen runden Tisch mit VertreterInnen der Bundesländer und Trägerorganisationen einzuberufen, heißt es in der Caritas. Für gemeinsame Überlegungen sei es höchste Zeit.