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Pflegepersonal fühlt sich ausgebrannt

Von Christoph Rella

Politik

Studie: Jeder zweite Spitals-Mitarbeiter beklagt Belastungen. | 22 Prozent stehen vor einem Burn-Out. | Wien. Akuter Personalmangel, unregelmäßige Arbeitszeiten, Burn-Out-Symptome und Mobbing. Wer in Wien einen Gesundheitsberuf wie Krankenschwester, Pfleger oder Hebamme ergreift, hat es nicht leicht. Das beweist zumindest eine aktuelle Studie der Wiener Arbeiter- und Ärztekammer, die am Mittwoch vorgestellt wurde.


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Dort gab fast jeder Zweite (46,7 Prozent) der insgesamt 2267 Befragten an, dass in ihren jeweiligen Abteilungen dringend benötigtes Personal fehle. Den daraus resultierenden Zeitdruck kritisierte wiederum jeder dritte Gesundheitsbedienstete (34,4 Prozent). Zu leiden haben die Mitarbeiter in den Spitälern, Sozialdiensten und Heimen allerdings auch unter der Bürokratie (43,7 Prozent) und dem Führungsstil ihrer Vorgesetzten (30,2 Prozent).

Noch kritischer als etwa in Privatkliniken und Pflegeheimen wird die belastende Situation für die Mitarbeiter in Einrichtungen des Wiener Krankenanstaltenverbundes beurteilt. "Dort ist die Unzufriedenheit mit dem Personalmanagement mit 54,4 Prozent besonders hoch", betonte Studienleiter Tom Schmied. Er warnte sogar davor, dass es aufgrund der wenig attraktiven Rahmenbedingungen umgehend zu Engpässen bei der Neubesetzung freier Stellen kommen könnte. "Der Gesundheitssektor ist ein Jobmotor und die Wachstumsindustrie der nächsten Jahrzehnte", erklärte Schmied. "Die Frage muss daher lauten: Ist die Beschäftigung im Gesundheitssystem den kommenden Herausforderungen gewachsen?"

Dass die Angestellten im Gesundheitsbereich bereits jetzt schon vielfach im Job zu kämpfen haben, beweist wiederum die erschreckend hohe Burn-Out-Quote: Mehr als ein Fünftel gab an, unter "emotionaler Erschöpfung", der Vorstufe zum Burn-Out, zu leiden. Als besonders belastend wurden in diesem Zusammenhang vor allem "lästige Patienten" gesehen. Aber auch kulturelle Unterschiede bei den Pfleglingen, penetrante Angehörige oder verbale Übergriffe machen den Mitarbeitern häufig zu schaffen, so die Studie.

Mobbing wegen Dienste

"Die Überlastung geht sogar so weit, dass es in der Vergangenheit vereinzelt heftige Mobbing-Attacken unter den Bediensteten selbst gegeben hat", erklärte Barbara Treiber von der Gewerkschaft der Privatangestellten gegenüber der "Wiener Zeitung". "Hintergrund sind oft Streitereien rund um die Gestaltung der Diensteinteilung." Das wisse sie aus Beratungsgesprächen, so Treiber. Ihre Forderungen: Zusätzliche Jobs im Pflegebereich, geregelte Arbeitszeiten, verbesserte Ausbildung für Führungskräfte, Forcierung der betrieblichen Gesundheitsförderung und eine "Sozialmilliarde".

Während die Wiener ÖVP den Ruf nach mehr Personal und weniger Bürokratie unterstützt, zeigte sich Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely am Mittwoch verwundert: "Wien hat von allen anderen Bundesländern die höchste Dichte an Pflegepersonal", sagte sie. Das Krankenanstaltenarbeitsgesetz werde eingehalten. Bürokratieabbau und das Ziel geregelter Arbeitszeiten hätten oberste Priorität. Zudem habe man den Personalstand seit dem Jahr 2005 um 3,3 Prozent erhöht, konterte Wehsely.