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Pflegestreit Zerreißprobe für SPÖ

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Burgstaller und Niessl fordern Straffreiheit. | Häupl: Sanierung der Kassen durch Pflegeversicherung. | Hirschwang/Rax. Was liegt näher, als das erste Treffen im neuen Jahr in einem verschneiten Winterkurort abzuhalten? So traf sich auch am Donnerstag das SPÖ-Bundesparteipräsidium im niederösterreichischen Hirschwang an der Rax zu seiner zweitägigen Winterklausur. Dabei wollten die Parteigranden einerseits das erste Kanzlerjahr von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer feiern, andererseits das sozialdemokratische Schwerpunktthema für 2008, die Jugendbeschäftigung, erörtern.


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Beides wurde klar überschattet von einem Thema aus dem alten Jahr: der Pflegedebatte. Gerne hätte Gusenbauer bei der Eröffnungspressekonferenz darüber gesprochen, wie es ihm gelang, den "Kurswechsel zu einer Politik mit sozialer Handschrift zu vollziehen". Welche Erfolge im Bereich Beschäftigung erzielt wurden. Über das "Chancenpaket für Kinder und Jugendliche" mit kleineren Klassen, mehr Nachmittagsbetreuung, neuer Mittelschule und Deutschunterricht für Vorschulkinder. Stattdessen musste er - sichtlich genervt - zur Pflegedebatte Stellung nehmen.

Kanzler gibt Buchinger Rückendeckung

Dabei unterstrich der Kanzler, dass die Pflegelösung eine 40-Millionen-Zusatzleistung sei, die es zuvor nicht gegeben habe. An sich sei die Pflege ja Ländersache, daher sei auch jahrelang nichts passiert. Die jetzige Lösung verteidigte der Kanzler. "Was jetzt in Kraft tritt, kam mit expliziter Zustimmung der Landeshauptleute zustande." Und: "So wie bei jedem Gesetz gilt dieses Gesetz."

Damit stärkte Gusenbauer seinem Sozialminister Erwin Buchinger den Rücken und erteilte den Forderungen nach einer Verlängerung der Amnestie erneut eine Absage. Diese kamen bisher vor allem aus den Reihen der ÖVP - unmittelbar vor der Präsidiumssitzung aber auch von Salzburgs SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller.

Sie forderte von Finanzminister Wilhelm Molterer und Buchinger einen Verzicht auf Bestrafung von Beschäftigung illegaler Pflegekräfte für drei Monate per Weisung. Statt dessen sollte, so Burgstaller, beraten und informiert werden. Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl sprach sich für eine befristete Straffreiheit aus. Buchinger winkte umgehend ab: "Eine solche Weisung wäre rechtswidrig." Auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl lehnte eine Aufweichung der Beschlüsse ab. Andere Töne schlug Häupl in Sachen marode Krankenkassen an: "Ich bin ein großer Anhänger der Pflege-Versicherung", deponierte er. Und eckte damit bei seinem Parteichef an. Eine Pflegeversicherung habe "mit dem Kassendefizit nichts zu tun", konterte Gusenbauer und erneuerte sein Nein zu einer Finanzspritze für die Kassen.

Angesichts dieser entgegengesetzten Meinungen war für reichlich Diskussionsstoff bei der Präsidiumssitzung gesorgt. Die Teilnehmer durften allerdings hoffnungsvoll in die Sitzung gehen, hatten doch zuvor die Sternsinger ihren Segen für ein friedvolles Miteinander gegeben.

Übereinstimmung herrschte bei den SPÖ-Granden, was das wichtigste, das "Hauptthema für 2008" betrifft: die Beschäftigung - und hier vor allem die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Auch dass die SPÖ mehr Profil zeigen wolle, hörte man wiederholt. "Die Partei wird die Klingen schärfen und die Themenführerschaft übernehmen", kündigte etwa Niessl an. Eine klare Kampfansage in Richtung Koalitionspartner ÖVP also.

Heftige Kritik am

Koalitionspartner ÖVP

An diesem war dann auch viel Kritik zu hören. Kanzler Gusenbauer etwa kritisierte, dass die ÖVP jedes Interesse daran habe, den Eindruck zu erwecken, dass die Regierung nichts leiste. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina forderte den Koalitionspartner dazu auf, die Erfolge der Regierung positiv zu verkaufen. Schließlich habe man gemeinsam viel geschafft.

Angesichts dieser Seitenhiebe auf den Partner - dieser wiederum kritisierte im Vorfeld die Themenwahl der SPÖ-Sitzung als verfehlt - klingt der Wunsch von Gabi Burgstaller für das neue Jahr wie ein frommes Flehen: "Kein permanenter Wahlkampf."