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Die Kühe auf dem Hof in DeForest könnten die gleichen sein wie überall in Wisconsin: Sie sehen genauso aus, sie riechen genauso und sie fühlen sich genauso an. Doch die Vienna Farms, wo die Kühe in vollklimatisierten Ställen leben, sind kein normaler Milchhof: Ein Tierarzt kümmert sich rund um die Uhr um sie. Die Mitarbeiter tragen Arbeitskleidung in verschiedenen Farben, wobei jede Farbe den Grad einer biotechnischen Sicherheitsstufe angibt. Alle Tankwagen, die den Hof erreichen, werden mit Desinfektionsmitteln abgespritzt.
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"Den Unterschied würden Sie nicht in einer Million Jahren herausfinden", sagt der Betriebsmanager des Hofes, Mark Clarke. Beim Anblick der Kühe nicht. Doch unter dem Mikroskop kann ihn jeder Wissenschafter deutlich erkennen: Die Rinder auf den Vienna Farms wurden aus genetisch veränderten Embryonen gezüchtet. Sie sollen Milch mit menschlichen Proteinen geben, aus der lebenswichtige Medikamente hergestellt werden sollen: Insulin für Diabetiker, Präparate zur Blutgerinnung für Bluter und Schwerverletzte sowie andere Arzneimittel gegen seltene Krankheiten.
Milch von genveränderten Kühen sei ein Fortschritt und erleichtere Arzneiunternehmen die Arbeit, sind die Wissenschafter hier überzeugt. Es sei viel einfacher und billiger, Medikamente aus den Proteinen der Milch zu gewinnen, als sie mit der traditionellen Labortechnik herzustellen. "Ich habe keinen Zweifel, dass das in vielen Fällen funktioniert", sagt Val Giddings, Direktor der Industrieorganisation für Biotechnik, die Firmen und Universitäten der Branche vertritt. Ähnliche Techniken werden auch in anderen US-Staaten genutzt. Dabei wird unter anderem Milch von Ziegen und Schweinen zur Herstellung von Medikamenten verwendet.
"Pharming" heißt das Kunstwort für diese neue Form der Gentechnik - zusammengesetzt aus den Begriffen "farming" (Landwirtschaft) und "pharmaceutics" (Arzneimittelkunde). Amerikas "Dairyland" (Milchstaat) Wisconsin gibt sich als Vorreiter in dem neuen Sektor, der die Bereiche Milchwirtschaft und Biotechnik zusammenwachsen lässt.
Doch noch steht die Wissenschaft mit dem neuen Verfahren am Anfang. Und die US-Gesundheitsbehörde FDA hat die aus der Milch gewonnenen Medikamente noch nicht zugelassen. Die Träger der Vienna Farms allerdings arbeiten bereits mit der FDA zusammen, um für ihre Ausgangsprodukte schnell eine Zulassung zu bekommen. Damit könne man vielleicht in drei bis fünf Jahren Geld verdienen, sagt Frank Pieper vom Vorstand der niederländischen Firma Pharming Technologies, die Vienna Farms zusammen mit dem amerikanischen Biotechnik-Unternehmen Infigen führen.
Wisconsin sei ideal für solche Unternehmen, die genveränderte Rinder züchten wollen, sagt der Betriebsmanager von Vienna Farms, Mark Clarke. Es gebe in der Nähe sowohl Unternehmen aus der Milchindustrie für Tierfutter und Medizin als auch Forschungseinrichtungen wie die Universität Wisconsin-Madison.
(http://www.pharming.com http://www.wisc.edu/dysci)