Maria Bill über ihre Karriere als Sängerin und ihr Leben als Single.
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"Wiener Zeitung": Diesen Freitag erscheint eine Doppel-CD mit Ihren bekanntesten Songs, darunter "I mecht landen". Am 5. Oktober startet Ihre "Farewell"-Tournee. Wovon nehmen Sie Abschied?
Maria Bill: Es ist ein Abschiednehmen von den Liedern aus meinen jungen Jahren, viele dieser Musikstücke habe ich lange nicht mehr gehört. Für die Zusammenstellung des neuen Programms habe ich sie wieder bewusst gehört. Das weckte Erinnerungen, wie beim Durchblättern eines Fotoalbums.
Wie blicken Sie auf die Achtziger Jahre zurück, als Ihre Laufbahn als Sängerin begann?
Für mich war das die Sturm- und Drangzeit. Ich war jung, habe angstfrei Neues ausprobiert. Überrascht hat mich indes der Erfolg meiner ersten - wie das damals noch hieß - Langspielplatte. Das hat mir auch viel Selbstvertrauen geschenkt. Vielleicht waren die Achtziger eine Zeit, in der man mehr Chancen hatte, in der man schneller wahrgenommen wurde als heute.
"I mecht landen" ist nach wie vor Ihr größter Hit. Was bedeutet Ihnen das Lied?
Das I-mecht-landen-Gefühl hat noch immer Gültigkeit. Die Sehnsucht, einen Menschen zu gewinnen, der mit mir das Leben teilt, stimmt für mich mehr denn je. Vor etwa einem Jahr haben mein Mann (Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg, Anm.) und ich uns getrennt. Es war schmerzhaft und ungewöhnlich nach 35 Jahren gemeinsamen Lebens wieder alleine zu sein. Es machte mir Angst. Nun, da der Schmerz nachlässt, kann ich dem Alleinsein etwas abgewinnen, auch weil ich auf einmal viel Zeit für mich selbst habe. Ich empfinde das als außerordentlichen Luxus.
Viele Ihrer Lieder stammen aus Ihrer Feder. Wie wichtig ist Ihnen das Schreiben?
Das lässt sich bei mir am besten mit dem Schreiben eines Tagebuchs vergleichen. Meine Gefühle, Ängste und Nöte verarbeite ich seit meiner Jugend in Form von Liedtexten, inzwischen haben sich Tausende von Notizen angesammelt. Lieder kann ich nur schreiben, wenn ich völlig ohne Druck arbeiten kann.
Ihre Songs wurden anfänglich dem Austro-Pop zugeordnet.
Das sind meine Lieder - wie man sie kategorisiert, das war und ist mir egal.
Als gebürtige Schweizerin sangen Sie Ihre größten Hits auch im Wiener Dialekt.
Meine Muttersprache ist Schweizerdeutsch, das konnte ich in Wien natürlich nicht singen. Hochdeutsch ist für mich genauso eine Fremdsprache wie das Wienerische. Bei den ersten Aufnahmen musste ich die Aussprache noch regelrecht üben. Zum Singen eignet sich das Wienerische übrigens wunderbar: Es entfaltet ungeheuer viel Blues.
Wie kam es neben Ihrem Hauptberuf als Schauspielerin zur Zweitkarriere als Sängerin?
Mitte der Siebziger Jahre hatte ich ein Engagement am Schauspielhaus unter Hans Gratzer. Er kannte meine Leidenschaft fürs Singen, die bisweilen kaum zu bremsen war. Wann immer ich ein Klavier sah, spielte und sang ich. Es war auch Gratzer, der für mich die Rolle der Piaf im gleichnamigen Stück von Pam Gems besetzte.
Die Aufführung war 1982 das Ereignis der Wiener Theatersaison. Sie wurden als "Spatz von Wien" gefeiert.
Das war für mich ein wegweisendes Erlebnis. Der Erfolg hat mich überrascht, überrumpelt - und unglaublich in meinem Berufswunsch gestärkt. Im Zuge der Aufführungsserie erhielt ich das Angebot einer Plattenfirma, meine erste LP mit "I mecht landen" aufzunehmen.
Die Piaf wurde für Sie zu einer Art Lebensrolle. Bis heute singen Sie die Chansons der Französin.
Die Auseinandersetzung mit Edith Piafs Leben und Liedern war für mein Leben wesentlich. Piaf hat mich stärker gemacht. Die Piaf hat mich auch gelehrt, was Wahrhaftigkeit und Unmittelbarkeit für eine Künstlerin bedeuten kann. Ihr Beharrungsvermögen imponiert mir ebenfalls: Dass sie bei sich geblieben ist, auch wenn andere das nicht goutierten.
Haben Sie je eine professionelle Ausbildung als Sängerin absolviert?
Nicht wirklich. Klavierspielen lernte ich mit sechs Jahren. Gesangsunterricht habe ich dagegen nie genommen. Da schöpfe ich wohl aus mir.
In welchen Musikrichtungen fühlen Sie sich noch beheimatet?
Neben Piaf ist mir vor allem Jacques Brel gefühlsmäßig nahe. Amy Winehouse und Joe Cocker höre ich ebenfalls gern. So singen könnte ich allerdings nicht.
Als Schauspielerin waren Sie an großen Bühnen wie bei freien Projekten beteiligt. Was liegt Ihnen näher?
Das Wunderbare ist der Wechsel zwischen beiden Spielformen: Am Burgtheater kam ich mir wie eine Königin vor, und bei den freien Produktionen ist man mehr Bohème. Ich möchte kein Engagement missen.
Wie lauten Ihre Pläne für die nächsten Jahre?
Weiterhin als Schauspielerin zu arbeiten, weiterhin singen. Für mich beginnt ein neuer Lebensabschnitt, und ich würde mich nicht verschließen, wenn etwas anderes dazu käme. Einen Generalplan habe ich aber nicht.
Maria Bills Anniversary Edition "Maria Bill – I mecht landen" erscheint am Freitag, 7. September als Doppel-CD, Ab 5. Oktober geht sie – beginnend im Wiener Konzerthaus – auf Farewell-Tour. Alle Termine auf der Website von Maria Bill