Richter wies Klage einer Investorin gegen Finanzberater ab - nicht rechtskräftig.
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Wien. Die Anlegerverfahren gegen die Meinl Bank und Finanzberater rund um die umstrittenen Zertifikate der Meinl European Land (MEL) treiben mitunter kuriose Blüten.
Der Wiener Handelsrichter Andreas Pablik wies kürzlich die Schadenersatzklage einer MEL-Anlegerin gegen einen Salzburger Finanzberater ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Begründung: Verjährung und generelle Zweifel am Bestehen von Ansprüchen. Aus dem Gerichtsprotokoll geht hervor, dass sich die Meinl Bank schon zuvor mit der Anlegerin verglichen hat.
Wie die Sparerin zu den "MEL-Aktien" gekommen ist, das spricht Bände. Die Oberösterreicherin machte recht klare Angaben vor Gericht. Vorweg: Der eigentliche "Informant" war ein Bekannter der Anlegerin, ebenfalls Kunde des Mitarbeiters des beklagten Finanzberaters.
Alles begann anscheinend mit der MEL-Fernsehwerbung. "Ich wollte damals MEL haben und bin deshalb zu dem Finanzberater gegangen", sagte die Anlegerin aus. "Es hat ja damals sogar schon aus dem Fernseher herausgeschrien, dass das eine tolle Sache sei und man hat ja gesehen, wie der Kurs immer weiter nach oben ist, und wie sicher diese Sache nicht auch sei." Das Gespräch mit dem beklagten Berater habe nicht lang gedauert, "wenn überhaupt eine Stunde". "Es war ja damals auch schon klar, ich war ja schon mit der Idee infiziert, MEL zu kaufen", offenbarte die Dame. Hätte ihr der Berater von MEL abgeraten, hätte sie in Staatsanleihen investiert. Sie ging auch davon aus, dass MEL das Geld in Liegenschaften anlegt.
Indes sagte der Berater, es sei sehr wahrscheinlich, dass er der Kundin einen MEL-Prospekt vorgelegt habe; aber mit Gewissheit könne er das heute nicht mehr sagen.
Von Aktien und Zertifikaten
Dass es sich bei den MEL-Papieren um keine Aktien, sondern um Zertifikate gehandelt hat, wusste der Berater selbst nicht. "In den Unterlagen stand ja immer was von Aktien", sagte der Finanzexperte aus. Für die Anlegerin war jedenfalls wichtig, dass ihr Geld (35.000 Euro) "täglich verfügbar" sei. Das vermerkte der Berater handschriftlich auf dem Anlegerprofil. Dass er Anlegern nach den Kursrückgängen zum Halten der MEL-Papiere geraten habe, bestritt der Vermittler.
"Wer Aktien nicht hat . . ."
Indes hatte er in einem Schreiben an seine Kunden etliche Fragen zu MEL und den Kursrückgängen beantwortet. Darin hieß es auch: "Wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen."
Direkt beschwert hätte sich die Klägerin bei ihm nicht. Diese sagte aus, dass sie erst im Frühjahr 2008 draufgekommen sei, dass es Schwierigkeiten bei MEL gebe und der Börsenkurs einstürze. Die fetten Schlagzeilen ab Sommer 2007 zur MEL-Affäre seien ihr "nicht explizit untergekommen, dass sie Handlungsbedarf gesehen hätte". Denn die Investorin konzentrierte sich in der Zeit vor allem auf die zwei Hochzeiten ihrer Kinder. Apropos Kursverluste: "Dass es dazu kommen kann, wie sie es jetzt sagen", sagte die Anlegerin zum Richter, "das hat der Berater mir nicht gesagt, das hat auch keiner wissen können." Nachsatz: "Ich habe seine Aussage gehört, diese stimmt auch so weit, aber er war am Ende weitgehend für mich nicht mehr erreichbar."