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Drei an interdisziplinärem Projekt beteiligte Boltzmann-Institute wurden sehr positiv evaluiert.
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Wien. Perfekte Kooperation von Experten dreier sehr unterschiedlicher Institute der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft (LBG): Archäologen vom Ludwig-Boltzmann-Institut (LBI) für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie um Wolfgang Neubauer legten am Falkenstein bei St. Gilgen am Wolfgangsee in den letzten Jahren die Überreste einer alten Klause frei und rekonstruierten sie als 3D-Modell. Philologen um Stefan Tilg vom LBI für Neulateinische Studien spürten Texte auf, die das Umfeld dieses Fundes beleuchten. Und die Medizinerin Andrea Olschewski vom LBI für Lungengefäßforschung schloss aus dem Fund einer großen Menge Quecksilber in der Sohle der einstigen Toilettengrube an diesem Ort, dass damit die frühere Volksseuche Syphilis oral behandelt und das Quecksilber in fast unveränderter Form wieder ausgeschieden wurde.
In einem gemeinsamen Projekt gingen die Forscher dem Leben der Einsiedler und Pilger nach, die hier vom Mittelalter bis in die Neuzeit ihre Spuren hinterließen. Im 16. Jahrhundert sollen pro Jahr bis zu 300.000 Menschen über den Falkenstein nach St. Wolfgang gepilgert sein. "Nach Rom, Santiago de Compostela und Aachen war das damals, knapp vor Einsiedeln in der Schweiz, der viertgrößte Wallfahrtsort Europas", sagt Augustin Kloiber, Kustos des Heimatkundlichen Museums St. Gilgen.
Der Legende nach weilte der Heilige Wolfgang im 10. Jahrhundert an diesem abgelegenen Ort, sein Attribut ist das von ihm angeblich vom Falkenstein geworfene "Hackerl", das dort gelandet sein soll, wo man die Walfahrtskirche St. Wolfgang baute. Am Falkenstein wurden im 17. Jahrhundert eine Kirche und darunter eine im frühen 19. Jahrhundert aufgelassene Klause für Einsiedler errichtet, die zur Betreuung der Kirche und der durchziehenden Pilger diente.
Diesen Holzbau könnte man um etwa 300.000 Euro wieder originalgetreu aufbauen, sagt Wolfgang Neubauer. Die Finanzierung ist aber noch eine offene Frage, um deren Lösung sich - so Kloiber - die Gemeinde St. Gilgen, zu der der Falkenstein gehört (der zum Unterschied zu St. Wolfgang Salzburger Gebiet ist), und private Förderer bemühen.
Eine archäologische Untersuchung sei eine "Reise durch die Zeit", erklärte Neubauer am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Wien. Der Forscher, der auch an Großprojekten in Norwegen, Schweden und Stonehenge beteiligt ist, nannte das Falkenstein-Projekt "klein, aber fein". Neben der Klause habe man noch die Grundrisse weiterer Gebäude aufgespürt, die man weiter untersuchen könnte, vor allem aber seien viele Gegenstände entdeckt worden, die ein reges Leben an diesem Ort belegen: Münzen, als älteste ein silberner Kreuzer von 1624, Devotionalien, etwa kleine Wolfgangihackerln", aber auch Tabakpfeifen, Maultrommeln, Knöpfe, Gürtelschnallen und sogar eine Taschensonnenuhr.
"Mit Bravour" bestanden
In einem Keller fand sich ein Holzrohr, das als Wasserleitung direkt in die Klause diente. Scherbenfunde weisen darauf hin, dass man dort die als Souvenirs sehr beliebten "Wolfgangiflascherln" abfüllte. Der Legende nach hat der Heilige Wolfgang selbst die ursprüngliche Quelle für seinen dürstenden Mitbruder mit dem Stab aus dem Felsen geschlagen.
Die LBG verfügt über ein Jahresbudget von 30 Millionen Euro und betreibt derzeit als Trägerorganisation für außeruniversitäre Forschung 15 Institute und fünf Cluster. LBG-Präsident Josef Pröll nannte in der Pressekonferenz "drei wesentliche Eckpunkte" für die Arbeit der LBG: Es gehe um interdisziplinäre Forschung, um innovative, originelle und unkonventionelle Forschung sowie um ein Bekenntnis zu Wettbewerb und Qualitätssicherung.
Pröll zeigte sich hocherfreut, dass den drei am Projekt Falkenstein beteiligten Instituten gerade im Rahmen einer Zwischenevaluierung hervorragende Arbeit auf hohem Niveau bescheinigt wurde. Damit sei deren Finanzierung in der Höhe von insgesamt 7,8 Millionen Euro durch die LBG in den nächsten drei Jahren gesichert.
Verena Kremling, Expertin für Evaluierung der Leibniz-Gesellschaft in Berlin, unterstrich, dass die Evaluierung nach internationalen Standards von unabhängigen Experten vorgenommen wurde und alle drei Institute "mit Bravour" abgeschnitten hätten. An allen seien "starke, integrative Führungspersönlichkeiten" am Werk, die als Wissenschafter und durch Management- und Führungskompetenzen überzeugten,