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Pingpong um freien Handel

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Bis Mitte 2012 freier Handel der EU mit Japan möglich. | Strenge japanische Sicherheitsauflagen bremsen Bauexporte. | Wien/Brüssel. Wie wichtig ein gemeinsamer freier Handel für die EU und Japan ist, zeigt aktuell die Katastrophe von Fukushima. Für den Wiederaufbau nach dem Erdbeben benötigen die Asiaten dringend Bauholz und Häuserwände. Viele europäische Betriebe haben stapelweise Spanplatten & Co lagernd - doch sie dürfen nicht liefern.


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Schuld daran ist das fehlende JAS-Zertifikat. Alle in Japan importierten Konsumgüter oder Bauteile müssen strenge Sicherheitskriterien erfüllen, wie eben jene des "Japan Agricultural Standards" (JAS). Selbst Hilfslieferungen aus dem Lebensmittelbereich waren betroffen.

Kein Zoll auf Nissan & Co

"Eine Zertifizierung nach japanischem Recht dauert Monate und ist für kleine Betriebe kostspielig", berichtet Ingrid Eder-Brunnhofer von Europe Nippon Business Consulting. Dass die europäische Ware ebenfalls zertifiziert ist - jedoch nach der EU-üblichen CE-Kennzeichnung -, lassen die Japaner nicht gelten.

Handelshemmnisse wie eben solche Normen sind der EU ein Dorn im Auge. Und sie werden wohl in den nächsten Monaten verstärkt für Zündstoff sorgen. Vertreter beider Seiten haben sich nämlich vergangenen Samstag während des EU-Japan-Gipfeltreffens in Brüssel darauf geeinigt, die Verhandlungen über ein gemeinsames Freihandelsabkommen aufzunehmen.

Jahrelang hatte sich der alte Kontinent gegen offene Handelsgrenzen gesträubt. Vor allem Europas Autoindustrie fürchtet Konkurrenz aus Fernost: Bei einer Handelsliberalisierung würden etwa die EU-Zölle auf japanische Autos von derzeit 10 Prozent fallen.

Ein weiterer Streitpunkt aus Sicht von EU-Vertretern ist das Missverhältnis bei den Auslandsinvestitionen. Sie machen in der EU rund 30 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus, in Japan jedoch nur 3 Prozent.

Der Inselstaat ist für die EU hinter der Schweiz und Norwegen der sechstwichtigste Handelspartner. Umgekehrt ist die EU für Japan hinter China und den USA der drittwichtigste Partner.

Wetteifern mit Südkorea

Aus Europa exportiert vor allem die Chemie- und Autobranche, aber auch der Maschinenbau und die Nahrungsmittelindustrie nach Japan. Umgekehrt führt die EU Maschinen und Transportmittel ein.

Durch den Abbau von Zöllen erwarten sich die Japaner einen besseren Zugang zum europäischen Markt. Diesen ermöglicht die EU bereits Südkorea durch ein Freihandelsabkommen, das im Juli in Kraft tritt. Die Japaner pochen nun auf eine Gleichstellung mit ihrem asiatischen Konkurrenten. Im Gegenzug fordert die EU einen einfacheren Zugang zu öffentlichen Aufträgen. Davon profitiert speziell die Rüstungsindustrie.

Die Gespräche zwischen Japan und der EU finden in den nächsten sechs bis neun Monaten statt. Ein Scheitern ist laut EU-Kommission unwahrscheinlich.