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Gesundheitsressort lässt FPÖ bei Verbot in Bädern abblitzen. Minister Anschober teilt die Ansicht.
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Ein mögliches Kopftuchverbot für Lehrerinnen sorgt gerade für Zündstoff in der türkis-grünen Koalition. Der frühere Koalitionspartner der ÖVP, die FPÖ, hat auch ein Verbot von Ganzkörperanzügen in Schwimmbädern in Österreich überlegt oder sich zumindest damit beschäftigt. Allerdings hat sich die nunmehrige Oppositionspartei dabei eine Abfuhr im Gesundheits- und Sozialministerium eingehandelt.
Zumindest sah Übergangsministerin Brigitte Zarfl für ein Burkini-Verbot aus hygienischen Gründen "keine Grundlage", wie aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Freiheitlichen hervorgeht, die noch von der Vorgängerin des jetzigen Gesundheits- und Sozialministers Rudi Anschober (Grüne) erteilt wurde. Im Büro Anschobers wurde der "Wiener Zeitung" freilich versichert: "Anschober teilt die Meinung Zarfls."
Der zentrale Satz in der Antwort des Gesundheitsministeriums an die FPÖ lautet: "Aus fachlicher Sicht ist keine Evidenz dafür gegeben, dass das Tragen von Ganzkörperbadeanzügen in Bezug auf den Schutz vor übertragbaren Krankheiten bedenklich ist, weshalb das Bäderhygienegesetz keine Grundlage für ein generelles Burkini-Verbot darstellt." Für Einschränkungen aus Gründen der Reinlichkeit in Schwimmbäder sieht das Gesundheitsressort demnach keinen Anlass und auch keine Handhabe.
Keine Badekleidervorschriftenim Bäderhygienegesetz
Die Diskussion um das Verhüllen von Körperteilen ist nach der Bildung der türkis-grünen Bundesregierung Anfang dieses Jahres neu in Schwung gekommen. Von der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung ist bereits ein heftig debattiertes Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen beschlossen worden. Die Regierung von ÖVP und Grünen plant auf Druck der Volkspartei unter Bundeskanzler Sebastian Kurz eine Ausweitung des Kopftuchverbotes für Kinder bis zum 14. Lebensjahr. Zuletzt hat die neue Integrationsministerin Susanne Raab auf ÖVP-Regierungsseite mit dem Vorstoß eines Kopftuchverbots auch für Lehrerinnen aufhorchen lassen. Vizekanzler Grünen-Chef Werner Kogler hat diesbezüglich allerdings abgewunken, das sei für ihn nicht vorstellbar.
Das Gesundheitsministerium teilte jetzt der FPÖ-Abgeordneten Dagmar Belakowitsch mit, dass das Bäderhygienegesetz "keine Vorschrift in Bezug auf die zu verwendende Badekleidung" enthalte. Beim Bäderhygienegesetz handle es sich vor allem um eine Vorschrift im Gesundheitsrecht, um übertragbare Krankheiten zu vermeiden. Allerdings wird eingeräumt, dass dem Betreiber eines Bades dennoch Möglichkeiten zur Einschränkungen zugestanden werden. "Der vom Inhaber/der Inhaberin mit dem Badegast abgeschlossene Vertrag kann neben der Badeordnung auch Bedingungen festlegen, die außerhalb der bäderhygienerechtlichen Vorschriften liegen", teilte Zarfl mit, die nach dem Ende ihrer Tätigkeit als Ministerin jetzt wieder Chefin der Präsidialsektion im Sozialministerium ist.
Ministerin holte Auskunft bei Gesundheitsagentur ein
Zarfl wies in ihrer Antwort darauf hin, dass es zum Tragen eines Burkinis in Bädern schon in der Vergangenheit Anfragen gegeben habe. Diese hätten darauf abgezielt "ob es betreffend Bäderhygiene Informationen oder Untersuchungen darüber gibt, inwieweit die Ganzkörperbekleidung beim Betreten öffentlicher Schwimmbäder unhygienisch sein sollte beziehungsweise zu stärkerer Belastung der Reinheit des Wassers führen könnte."
Das Ministerium wandte sich dazu an die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, kurz Ages. Deren Auskunft lautete, "dass es sich aus fachlicher Sicht nicht erschließt, warum eine Ganzkörperbekleidung beim Betreten öffentlicher Schwimmbäder unhygienisch sein sollte beziehungsweise zu stärkerer Belastung der Reinheit des Wassers führen könnte."
Ergänzend wird betont: "Die Haut eines Badenden wird als die Haupteintragsquelle für Keime, welche vor allem aus Talg- und Schweißdrüsen sowie dem Gastrointestinaltrakt stammen, angesehen." Und weiter: "Der Badekleidung kommt dabei keine relevante Bedeutung als Keimquelle zu."
Belastung mit Harnstoff ist "nicht unkritisch"
Bemerkenswert ist der Hinweis: "Zudem ist davon auszugehen, dass Badende mit Ganzkörperbekleidung signifikant weniger Hautcremen und Hautsalben in das Badewasser einbringen, als andere. Die Belastung des Badewassers mit Harnstoff und Nanopartikeln aus Cremen und Salben ist nicht als völlig unkritisch anzusehen." Ein Burkini-Verbot aus hygienischer Sicht wäre somit ein Schlag ins Wasser, auch wenn das Thema bisweilen Wellen schlägt.