Erstmals seit 1999 wieder eine liberale Kraft im Nationalrat vertreten.
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Wien. Es erinnerte an Silvester: überall Luftballons, dazu die gespannte Stimmung, die sich nach kollektivem Countdown-Zählen in einen lauten Sturm entlud. Als der weiße Balken der Neos um fünf Uhr auf 4,7 Prozent kletterte, brach Jubel aus und eine neue Ära in der österreichischen Innenpolitik an. Erstmals seit dem Ausscheiden des Liberalen Forums im Jahr 1999 ist wieder eine liberale Kraft im Nationalrat vertreten.
Wobei sich das strategische Wahlbündnis der Neos mit dem LIF als kluger Zug erwies, schließlich konnte sich die neue Partei so auch die finanzielle Unterstützung durch den Unternehmer Hans-Peter Haselsteiner sichern, der den Großteil des Wahlkampfbudgets beisteuerte, fast 900.000 der insgesamt 1,3 Millionen Euro.
Schon vor zwei Tagen hatte Spitzenkandidat Matthias Strolz angekündigt, dass die Neos die "Sensation des Wahlabends" sein würden - war es Vorahnung oder doch nur Optimismus? Strolz sollte jedenfalls recht behalten. Er wird ins Parlament einziehen, obwohl ihn vor einem Jahr nur echte Politik-Insider kannten: als Klubmitarbeiter der ÖVP, als ehemaligen Chef der ÖVP-nahen ÖH-Fraktion Aktionsgemeinschaft und als Unternehmens- und Politikberater mit guten Kontakten zur Volkspartei. Im Gegensatz zu Frank Stronach war das jedenfalls ein Startnachteil, den die Neos aber auch mit einem geschickt orchestrierten Wahlkampfs wettmachen konnten, etwa durch "Joker" Haselsteiner, der im Finish des Wahlkampfes als Ministerkandidat präsentiert wurde. Der Strabag-Chef saß von von 1994 bis 1998 für das Liberale Forum im Nationalrat, diesmal stand er auf keiner Wahlliste, als Minister würde er jedoch in die Politik zurückkehren.
Auch wenn Haselsteiner zuletzt mehr und mehr zum Gesicht der Partei wurde, sind die Neos in erster Linie das Projekt von Strolz, der eine Neugründung einer Partei einer Karriere innerhalb der ÖVP den Vorzug gegeben hat, denn diese wäre für ihn durchaus möglich gewesen. Doch vor allem bei gesellschaftspolitischen Fragen, etwa bei der Bildung, driften Strolz’ Ansichten mit jenen der ÖVP auseinander.
Hohes Risiko
Der Mut, jener Begriff, der den gesamten Wahlkampf der Neos wie ein pinker Faden durchzogen hat, stand also auch am Anfang der Neos, denn Strolz, ein dreifacher Vater, riskierte mit der Parteigründung auch persönlich sehr viel. Sein politisches Engagement musste er mit Auftragsverlusten bezahlen, aus seiner Beratungsfirma zog er sich zurück.
Bei der Gründungsveranstaltung der Neos vor einem Jahr gab Strolz zwar noch zehn Prozent als Wahlziel aus, später reduzierte er seine Ambition um die Hälfte, vor allem: Er wollte die Neos ins Parlament führen - und vielleicht sogar noch mehr. Schon vor einem Jahr bekundete er: "Wir wollen in die nächste Regierung", und am Wahltag machte Strolz noch einmal klar: "Wir sind gekommen, um zu gestalten."
Ob das Bündnis mit dem LIF bestehen bleibt, ist freilich noch nicht ganz sicher. Strolz sagt zwar: "Wir haben uns gefunden und gehören zusammen", aber nicht bei allen Themen gibt es Übereinstimmung, so hatte sich etwa auch Haselsteiner für Vermögenssteuern ausgesprochen, Strolz will sie auf keinen Fall.
In der Euphorie des Wahlabends spielte dieses Thema aber keine Rolle. An diesem Abend war nur eines: Jubel, und zwar ohrenbetäubend.